Bis zum Ellenbogen

Wohin mit der Leiche?

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Man nehme einen waghalsigen, neunmalklugen Jung-Unternehmer und einen deprimierten, schmarotzenden Hartz IV-Empfänger, lässt sie aufeinander los und schon ist die Konfrontation perfekt – und die Zutaten für eine schwungvolle Komödie sind angerichtet. In seinem Debütfilm Bis zum Ellenbogen lässt Justus von Dohnányi nicht nur zwei gänzlich verschiedene Charaktere aufeinanderprallen, er konfrontiert sie zudem mit einer Leiche.
Ausgangsort sind die idyllischen Schweizer Alpen. Achim (Jan Josef Liefers) rast mit seinem Mountain-Bike durch die Berge und tätigt dubiose Geldgeschäfte übers Telefon. Herrliche Natur um ihn herum, weit entfernt die Probleme, nirgendwo ein Mensch zu sehen. Wäre da nicht der arbeitslose Willi (Stefan Kurt), der in selbiger Umgebung den bei einem Preisausschreiben gewonnenen Urlaub mit Tai-Chi und dem Lauschen von Insekten genießt. Und wäre da nicht die fatale Kurve, in der beide frontal zusammenrauschen. Ein böses Wort gibt das andere und der erste Streit ist perfekt. Hinzu kommt Schönwettermensch Sven (Justus von Dohnányi), der die beiden Streithasen mit auf seine angemietete Berghütte nimmt. Sven, der etwas zu liebenswürdige Bankangestellte aus Sylt, freut sich über Gesellschaft und schafft es, dass sich die beiden mehr oder weniger wieder miteinander auszusöhnen. Als sich die drei eines nachts die Kante geben, kommt Sven bei einem Unfall ums Leben. Jetzt haben Achim und Willi ein Problem: Wohin mit der Leiche?

Geteiltes Leid, halbes Leid? Eher des einen Leid, ist des anderen Freud. Sven hat vor seinem Tod allerlei aus dem Nähkästchen geplaudert: über seinen Chef bei der Bank (Devid Striesow), die frischen Brötchen, die er ihm jeden Morgen im Austausch gegen den Bankschlüssel bringt und eine Menge Schwarzgeld im Safe der Bank. Ein Wissen, das es zu nutzen gilt und die beiden machen sich mit der Leiche im Gepäck auf dem Weg gen Norden. Auf Sylt soll der tote Sven seinem Chef noch einmal zuwinken und den Schlüssel "holen", bevor er wunschgemäß am Ellenbogen eine Seebestattung bekommt. Dass die Fahrt nach Sylt von allerlei Problemen und Zwischenfällen begleitet wird, versteht sich von selbst. Dass die beiden Streithasen trotz gleichen Schicksals sich immer wieder in die Haare bekommen eigentlich auch.

Mit seinem Debüt beweist Justus von Dohnányi, dass man auch mit einem kleinen Budget einen schwungvollen Film mit pfiffigen Dialogen und einer amüsanten Story machen kann. Knappe 90 Minuten kurz hat der Film kein Gramm Fett zuviel und bewahrt sich durchweg genau den Rhythmus, den eine Komödie haben sollte. Der Film lebt von seinen beiden Hauptdarstellern Liefers und Kurt, die in ihren jeweiligen Rollen glänzen, die Dreharbeiten müssten reichlich Spaß gemacht haben. Und auch der Film macht Spaß. Leichte Kost, kurzweilig, spritzig und im Vergleich zu anderen aktuellen deutschen Komödien wirklich sehenswert.

Justus von Dohnányi, Jahrgang 1960 studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und darstellende Künste in Hamburg. Ab 1985 war er in zahlreichen Inszenierungen am Schauspielhaus Frankfurt, am Thalia Theater Hamburg und am Renaissance Theater Berlin zu sehen. Neben seinen Theaterengagements und zahlreichen TV-Rollen, stand er in vielen Kinofilmen vor der Kamera, darunter Der Untergang und Das Experiment von Oliver Hirschbiegel, Napola und Franka Potentes Regiedebüt Der die Tollkirsche ausgräbt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/bis-zum-ellenbogen