Feuerherz - Die Reise der jungen Awet

Misslungene Aufarbeitung des Schicksals von Kindersoldaten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Selten hat ein deutscher Film bereits im Vorfeld einer Berlinale und vor seiner ersten Aufführung so für Aufregung und Widerspruch gesorgt wie Luigi Falornis Wettbewerbsbeitrag Feuerherz – Die Reise der jungen Awet, der lose auf der gleichnamigen Autobiographie von Senait Mehari basiert. Dabei ist der Widerspruch, den der Film erlebt, vor allem auf die Autorin zurückzuführen, gegen die bereits im Februar des Jahres 2007 erstmals Stimmen laut wurden, die darauf beharrten, dass Mehari niemals zu einer Kindersoldatin ausgebildet worden sei – ein Vorwurf, der bis heute im Raum steht und der dem Film eine schwere Hypothek mit auf den Weg in die Kinos gibt. Doch das ist keineswegs die einzige Bürde, die Luigi Falornis Spielfilmdebüt tragen muss. Bereits die Dreharbeiten erwiesen sich als schwieriges Unternehmen – eine Drehgenehmigung für Eritrea wurde nicht erteilt, so dass das Team auf Kenia ausweichen musste. Und schließlich sprangen fünf Tage vor dem Beginn der Dreharbeiten die eigentlichen Darsteller ab – aus Angst, so wird berichtet, so dass Laiendarsteller aus einem Lager gecastet werden mussten, die die Landesprache Tigrinya beherrschten.
Feuerherz erzählt die Geschichte des kleinen eritreischen Mädchens Awet (Letekidan Micael), die von Nonnen erzogen wird, bis ihr Vater die ältere Schwester schickt, um das Kind wieder nach Hause zu bringen. Zum Abschied erhält Awet von einer der Schwestern ein gesticktes Bild eines Feuerherzens, das sie von nun an als Talisman bei sich trägt – sie wird einen Glücksbringer brauchen können. Denn Awets Vater ist ein Tunichtgut und Maulheld, der nicht davor zurückschreckt, seine von einer Kneipenrauferei stammenden Narben als Wunden aus dem Befreiungskrieg Eritreas auszugeben. Und er hat auch keinerlei Skrupel, seine beiden Töchter als junge Pioniere in eine der beiden miteinander konkurrierenden Befreiungsarmeen zu stecken. Anfangs wird die kleine Awet noch geschont, doch schon bald bekommt auch sie die ganze Grausamkeit des Bürgerkrieges zu spüren. Doch ihr Gerechtigkeitssinn und ihr "Feuerherz" helfen ihr schließlich dabei, einen Weg aus den Wirren des Krieges zu finden…

Trotz einer überzeugenden Hauptdarstellerin bleibt Feuerherz – Die Reise der jungen Awet zu sehr auf Distanz zu seinen Figuren – gerade so, als habe der Regisseur Luigi Falorni die Kontroversen um seinen Film bereits geahnt. Und so betonte er in der Pressekonferenz auf der Berlinale 2008 auch, dass es ihm keinesfalls darum gegangen sei, Senait Meharis Buch wortgetreu zu verfilmen, sondern vielmehr habe er eine universale Geschichte um ein Mädchen im Krieg erzählen wollen. Vielleicht erklärt dies ja die sehr spärlichen Informationen, die der Zuschauer über Eritrea zu Beginn der achtziger Jahre erhält. Weniger verständlich aber ist die kreuzbrave Inszenierung, die stets den Spuren Awets folgt und ihre Sichtweise zu repräsentieren versucht. Doch die wahren Schrecken des Krieges, sie berühren hier niemals wirklich, alles ist mehr oder weniger vorhersehbar und wenig ergreifend geschildert, so dass auch die Tränen der tapferen Hauptdarstellerin kaum nützen, unser Mitgefühl zu verstärken. Und das Ende, bei dem das kleine Mädchen mit dem großen Herzen mit seiner Schwester sowie einem weiteren Kampfgefährten einfach so davonläuft und in der Wüste beinahe zu Tode kommt, ist so lakonisch und an einer Stelle unfreiwillig komisch geraten, dass man beinahe froh ist, dass der Film nun endlich vorbei ist. Auch wenn Luigi Falorni seinen Film vor allem als universelle Parabel auf Kindersoldaten überall auf der Welt verstanden wissen möchte und die ungünstigen Umstände bei den Dreharbeiten berücksichtigt werden müssen – aus einem Thema wie diesem hätte man mehr können, mehr machen müssen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/feuerherz-die-reise-der-jungen-awet