Freche Mädchen

Achterbahn der Gefühle

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Mädchenpower ist eher selten in Coming-of-Age-Filmen. Oft werden die weiblichen Teenager als Opfer dargestellt. Regisseurin Ute Wieland dagegen gönnt ihren Girls - wie der Titel der Jugendkomödie schon sagt - eine gehörige Portion Selbstbewusstsein.
Mila, Kati und Hanna sind süße 14 und dicke Freundinnen. Da versteht es sich von selbst, dass der lese- und rechtschreibschwachen Mila geholfen werden muss, wenn Deutschlehrerin Kempinski mit ihren selbst verfassten Diktaten anrückt. Kurzerhand verkuppeln die Drei ihre Paukerin. Die Schwangerschaft lässt nicht lange auf sich warten und Kempinski verschwindet von der Bildfläche. Darauf erscheint nun ein männliches Wesen mit umwerfender Wirkung: Referendar Pit Winter. Der ist viel zu schön, um Lehrer zu sein. Und Mila ist viel zu verliebt, um nicht längst mit ihren Gefühlen Achterbahn zu fahren.

Freche Mädchen erzählt – wie könnte es anders sein – von den Irrungen und Wirrungen der Pubertät. Aber der Film tut das – und das macht seinen Charme aus – konsequent aus der Perspektive von Mila, Kati und Hanna. Regie, Drehbuch und Kamera lassen den Zuschauer teilhaben, wie sich das anfühlt: Wenn die Welt irgendwie aus den Fugen gerät, wenn sich Wunschträume zwischen Reales mischen und wenn man plötzlich etwas ausspricht, was man eigentlich nur denken wollte.

Die drei Freundinnen sind "Mädchen von nebenan", keine hochnäsigen Zicken, aber auch keine prolligen Girlies. Sie haben ihre Stärken und Schwächen, ihre Aufs und Abs. Aber im Vergleich mit den Erwachsenen sind sie Heldinnen. Sie kommen trotz aller großen und kleinen Dramen viel besser zurecht als ihre Eltern und Lehrer. Die sind für die komischen Parts zuständig, allen voran Anke Engelke als herrlich verschusselte Friseuse und Achim Rhode als schrill-fanatischer Mathelehrer. Die drei Hauptfiguren dagegen begleitet der Film mit leiser Ironie, ohne sich über sie lustig zu machen. Die besondere Stärke liegt im Gegenteil in der Einfühlung in pubertäre Ausnahmezustände. Die werden zwar immer ein wenig überzogen, sodass man darüber schmunzeln kann. Aber nie so weit, dass die Charaktere lächerlich würden.

Die Kombination von psychologischer Genauigkeit und lockerer Distanz hat der Film mit den Jugendbüchern von Bianka Minte-König gemein, auf denen das Drehbuch basiert. Die Autorin hat eine ganze Reihe von Bänden in der Reihe "Freche Mädchen – freche Bücher" veröffentlicht. Für den Film entnahm Drehbuchautorin Maggie Peren dramaturgisch starke Szenen und Handlungsstränge aus vier von insgesamt acht Mila-Kati-Hanna-Romanen.

Freche Mädchen ist als Film vor allem ein Spaß mit vielen Einfällen. Nur manchmal lugt ein wenig der pädagogische Zeigefinger hervor. Etwa wenn suggeriert wird, dass die Rilke-Lektüre einen Macho in einen liebenswerten Jungen verwandelt. Aber dass sie auch ohne einen solchen Wink den Richtigen finden – das hätten wir den Power-Mädchen sowieso zugetraut.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/freche-maedchen