Saturno contro

Dieses fragile Gebilde namens Leben

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Wie flüchtig und fragil die Momente des Glücks sind, hat wahrscheinlich jeder schon einmal am eigenen Leibe erfahren müssen. Von den radikalen Brüchen und Verwandlungen, denen unser Leben unterworfen ist, erzählt auch der in der Türkei geborene und in Italien lebende Filmemacher Ferzan Ozpetek in seinem neuen Film Saturno Contro. Wie in seinen früheren Filme Le Fate Ignoranti und Das Türkische Bad / Il Bagno Turco - Hamam geht es auch in seinem neuem Film um schwule und heterosexuelle Lebens- und Liebeswelten, um Treue und Sex, um Träume, Wünsche, Enttäuschungen – und um den Tod.
Der vierzigjährige Schriftsteller Davide (Pierfrancesco Favino) und sein wesentlich jüngerer Lover Lorenzo (Luca Argentero) sind ein schwules Paar, das den gemeinsamen Freundeskreis gerne zum Abendessen einlädt, man isst, trinkt, ist ausgelassen und nimmt sich gegenseitig gerne auf den Arm. Doch dieses Mal steht der Abend, wie ein Horoskop weiß, unter keinem guten Stern, sondern weist einen „gegenläufigen Saturn“ (so der italienische Titel des Films) auf: Lorenzo bricht ohne erkennbaren Grund zusammen und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Im Krankenhaus, in dem sich die Freunde von nun an mit schöner Regelmäßigkeit treffen werden, werden die Freundschaften und Beziehungen auf eine harte Probe gestellt, denn angesichts des Unglücks von Lorenzo verändert sich der Charakter der Beziehungen untereinander. Schonungslos werden Geheimnisse und verborgene Wünsche, Affären und alle möglichen Formen des Selbst- und Fremdbetrugs offenbart. Angesichts des Unglücks muss sich nun erweisen, wie stabil die Freundschaften und Beziehungen wirklich sind...

Wie stets kann Ferzan Ozpetek auf ein prächtig aufgelegtes Ensemble an ausgezeichneten Schauspielern bauen, von denen einige bereits in Le Fate Ignoranti mitgewirkt haben. Wunderbar ist auch die Kamera, die weich, beinahe fließend immer wieder die Figurenkonstellationen umkreist und der Geschichte um Liebe, Freundschaft und Ton manchmal beinahe etwas Schwebendes gibt. Allerdings sticht wie in vielen italienischen Filmen die Musik etwas aus dem angenehm zurückhaltenden Fluss der Erzählung und der Eleganz der Inszenierung heraus, versucht, die Emotionen zu betonen und wirkt gerade dadurch eher kontraproduktiv. Abstriche bei der Glaubwürdigkeit muss man auch beim Setting machen, in das Ozpetek seine interessante Story setzt, hier ist alles ein wenig zu cool, zu glatt, zu gut aussehend, um von A bis Z in den Bann zu ziehen. Insgesamt aber kann der Film durchaus überzeugen als Ode an die Freundschaft, die selbst in Zeiten tiefer Not ein verlässliches Fundament darstellen kann. Begeisterung und ein tiefes Mitempfinden will sich nicht so recht einstellen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/saturno-contro