Hatchet for the Honeymoon

Freitag, 23. Mai 2008, ARTE, 23:15 Uhr

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

John Harrington (Stephen Forsythe) ist Besitzer eines Modehauses für angehende Bräute und führt ein anscheinend glückliches Leben mit seiner Frau Mildred (Laura Betti). Doch der Schein trügt. Sein Interesse an Bräuten ist keinesfalls nur beruflicher Natur, denn Harrington ist zugleich ein Frauenmörder, der aus einem Kindheitstrauma heraus angehende oder gerade erst getraute Bräute ermordet. Erst langsam kommt der Killer den Gründen für seinen schrecklichen Trieb auf die Spur, nach jedem Mord enthüllt sich ein weiterer Puzzlestein für die Ursachen, die ihn zu seinen Taten treiben – kein Wunder also, dass er nicht mehr damit aufhören kann. Als Harrington auch noch seine Frau tötet, gerät sein Leben vollends aus dem Tritt, denn Mildred, die ihm versprochen hat, ihn niemals alleine zu lassen, kehrt als Geist zurück und treibt ihn langsam in den Wahnsinn...
Der 1914 geborene Mario Bava, Sohn des Kameramanns Eugenio Bava, gilt als einer der Erfinder und großen Innovatoren des italienischen Genre-Films und hat sich im Laufe seiner Karriere zahlreichen zugewandt: Er gilt als einer der Erfinder des „giallo“ (benannt nach den gelben Umschlägen reißerischer Kriminlaromane), schuf Horrorfilme, realisierte Meilensteine des Slasher-Films und widmete sich dem erotischen Kino. Obwohl Bava stets als Auftragsregisseur arbeitete und dafür bekannt war, mit minimalem Budget auszukommen oder dieses oft noch zu unterbieten, entwickelte er eine ausgefeilte filmische Handschrift, die ihn im stark an Trends orientierten italienischen Unterhaltungskino der Fünfziger, Sechziger und Siebziger neben Dario Argento und Lucio Fulci zu einer absoluten Ausnahmeerscheinung werden lässt.

Auch wenn die beinahe psychoanalytisch anmutende Story von Hatchet for the Honeymoon / Il rosso segno della follia rund um einen traumatisierten Mörder nicht vollständig überzeugen kann, üben Bavas Bilder auch heute noch einen Sog aus, dem man sich kaum entziehen kann. Expressive Licht- und Schattenspiele, fließende Kamerabewegungen und meisterhaft eingesetzte Weitwinkelaufnahmen sowie die sehenswerte Ausstattung machen diesen Film zu einem technischen und stilistischen Meisterwerk, das über manche inhaltlichen Schwächen gerne hinwegsehen lässt. Dass Stil, meisterhaft arrangierte Bilder und etliche Anspielungen auf Meister des Fachs wie Alfred Hitchcock keine Fragen des Budgets sind, hat Bava im Laufe seiner Karriere des Öfteren bewiesen – kaum einer seiner Filme kostete mehr als 100.000 Dollar. Und doch ist Bava für viele Genre-Filmer bis heute ein erklärtes Vorbild, dessen Filme auch heute noch überraschend, innovativ und subversiv gelten. Bava erlag im Jahre 1980 einem Herzinfarkt, seine Filme aber haben sich einen Platz in der Filmgeschichte erobert.

Für Fans stilvollen Horrors ist dieser Film der giallo-Ikone Mario Bava sowieso ein Muss. Und wer die stylischen Schocker aus jenen Jahren noch nicht kennt, der wird mit Erstaunen feststellen, dass Genre-Filme „made in Europe“ auf eine starke Tradition bauen können und der derzeitige Boom spanischer und italienischer Genrefilme durchaus kein Zufall ist.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hatchet-for-the-honeymoon