Wen die Geister lieben

Vom Ekel zum Softie

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Es gehört zu den schönsten Möglichkeiten des Kinos, Tote zum Leben zu erwecken. Wenn sie dann über die Leinwand laufen, als gäbe es eine zweite Chance, dann kann das sehr lustig sein.
Zahnarzt Dr. Bertram Pincus (Ricky Gervais) ist eigentlich nicht der Typ, der seine Mitmenschen durch Humor erfreut. Der Mann ist solch ein Ekel von einem wortkargen Eigenbrötler, dass es sogar den gutmütigsten Zeitgenossen die Sprache verschlägt. Pincus möchte am liebsten allen Menschen den Mund stopfen. Sein Beruf gibt ihm dazu beste Gelegenheiten: schnell eine Sperre zwischen die Kiefer, schon röcheln die eifrigsten Quasselstrippen nur noch unverständliches Zeug. Ein Schelm, wer denkt, dass der Junggeselle sein Handwerk vor allem gewählt hat, um seinem Menschenhassertum freien Lauf zu lassen.

Zu dumm nur, dass sich Pincus einer harmlosen Darmspiegelung unterziehen muss. Der Eingriff geht daneben, der Patient muss wiederbelebt werden, und nach den sieben Minuten Nahtoderfahrung ist für Pincus nichts mehr, wie es war. Er lebt zwar weiter, ist aber der einzige Mensch in New York, der Tote sehen kann. Die irren unerlöst und in Massen durch die Straßen von Manhattan, weil sie bei ihren Hinterbliebenen noch eine Mission zu erfüllen haben. So gerät Pincus an Frank (Greg Kinnear). Der ist ein ebenso treuloser wie eifersüchtiger (Ex)-Ehemann: Frank möchte mit allen Mitteln verhindern, dass seine Witwe Gwen (Téa Leoni) den Gutmenschen Richard heiratet. Nicht ganz freiwillig lässt sich Pincus auf den Handel ein – mit wundersamen Folgen für sein Leben und seinen Charakter.

Es gibt ein paar witzige Szenen in Wen die Geister lieben / Ghost Town. Aber insgesamt vertraut Regisseur David Koepp zu wenig auf seine Darsteller und seinen Plot. Stattdessen reichert er die Szenerie mit Ingredienzien an, die vermeintlich per se für Lacher sorgen, etwa mit einem Kalb von einem Hund oder mit dem Penis einer Mumie, der im abgeschnittenen Zustand bis heute konserviert wurde.

Eigentlich hätte der britische Komiker Ricky Gervais als Pincus beste Voraussetzungen gehabt, den sadistischen Zahnarzt mit pechschwarzem Humor auf Menschen und Geister loszulassen. Immerhin hat Gervais jahrelang die Inkarnation eines Ekels in Englands beliebter TV-Serie The Office gegeben. Aber in seiner ersten Kino-Hauptrolle darf der Mann einfach nicht bissig und böse genug sein, um wirklich die Abgründe der Figur auszuloten. Und er darf nicht tief genug sinken, um glaubhaft zu machen, dass sich so einer am Ende selbst aus dem Sumpf seiner Menschenverachtung zieht.

Der eigentliche Komiker ist statt dessen Greg Kinnear (der Vater in Little Miss Sunshine). Er führt Pincus mit sardonischem Lächeln hinters Licht und wandelt mit lausbübisch-gerissenem Charme auf den Spuren von Cary Grant – eine echte Entschädigung für die blasse Leistung seines Kollegen.

Dass die Komödie nicht richtig funktioniert, hängt auch mit dem unausgegorenen Hineinmischen von melodramatischen Elementen zusammen. Der Held muss eine Wandlung zum Menschenfreund durchmachen, koste es, was es wolle. Und so tut es die Regie nicht unter einem Einstein-Zitat, um die wundersame Saulus/Paulus-Bekehrung einzuleiten. Da bleibt zum Ausgleich nur ein Spruch von Greg Kinnears Frank, der seine zweite Chance vielleicht wesentlich realitätstüchtiger einschätzt: "Nach dem Tod sind wir auch nicht schlauer."

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/wen-die-geister-lieben