Hidden Heart

Die zwei Seiten des Ruhms

Eine Filmkritik von Red.

Fragt man nach dem Namen des ersten Arztes, dem je eine Herztransplantation an einem Menschen gelungen ist, gibt es kaum je ein allzu langes Zögern – der südafrikanische Christiaan Barnard war es, dem dieser Eingriff am 3. Dezember 1967 gelang. Auch wenn der Patient Louis Washkansky aufgrund einer Lungenentzündung 18 Tage nach der Transplantation starb – Barnard war seit diesem Zeitpunkt ein Medienstar, was durch seinen extravaganten Lebensstil und seine Affinität zum Jet Set noch verstärkt wurde. Kaum ein Monat verging, ohne dass der bis dato weitgehend unbekannte Herzchirurg aus ärmlichen Verhältnissen nicht wieder mit einen neuen Frau im Arm auf rauschenden Partys gesichtet oder in Begleitung diverser Prominenter abgelichtet wurde.
Doch erst nach dem Ende der Apartheid und vor allem nach dem Tod Barnards kamen die Hintergründe der Aufsehen erregenden Operation, die Medizingeschichte schrieb, ans Licht der Öffentlichkeit. Entgegen den offiziellen Verlautbarungen des südafrikanischen Regimes, die von einem rein weißen OP-Team berichteten, gab es nämlich unter den Verantwortlichen sehr wohl schwarze Teammitglieder. Und einer von ihnen, Hamilton Naki, ein Mann mit gerade sechs Jahren Schulbildung, der offiziell als Gärtner am Grote Schuur Hospital von Kapstadt angestellt war, soll bei der weltweit ersten Herzverpflanzung und in der gesamten Zeit der Vorbereitung eine wichtige Rolle gespielt haben. Doch der Beitrag des Mannes mit dem angeborenen Talent zur Chirurgie, der sich in den Tierlabors des Krankenhauses unschätzbare Verdienste zum Gelingen der Operation erworben hatte, wurde Jahrzehnte lang totgeschwiegen, weil seine Hautfarbe nicht in die Politik des Apartheid-Regimes passte.

Die Fernsehjournalistin Cristina Karrer, die für SF / DRS als Afrikakorrespondentin in Johannesburg arbeitet und ihr Kollege Werner Schweizer, haben aus dieser Geschichte ein faszinierendes Doppelporträt herausgearbeitet, das nur oberflächlich als medizinischer Whodunit erscheint. Nebenbei entwickeln die beiden Filmemacher anhand eines Ereignisses von großer medizinhistorischer Bedeutung das sensible Bild eines Landes, das seinen Bewohnern höchst unterschiedliche Möglichkeiten in der Lebensgestaltung gab: Auf der einen Seite konnte Barnard dank der Hilfe der Regierung zu einer Symbolgestalt von höchster Strahlkraft und enormem Propagandawert werden, während auf der anderen Seite der ebenfalls hochbegabte Hamilton Naki trotz seiner Verdienste dem Township nicht entrinnen und seinen Kindern keine angemessene Schulbildung ermöglichen konnte.

Auch wenn Nakis wirkliche Rolle bei der Operation – war er nun dabei oder nicht? – durch den Film nicht vollständig gelöst werden kann: Hidden Heart ist ein gelungener Film über die Ungerechtigkeit des Apartheid-Regimes und ein spannendes Stück Zeit- und Medizingeschichte.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hidden-heart