Mr. Average

Lob der Durchschnittlichkeit

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Jalil (Khalid Maadour), der als Vorschullehrer in Paris arbeitet, ist eigentlich ein ganz normaler Typ. Und doch ist es gerade seine Durchschnittlichkeit, die ihn aus der Masse der Franzosen heraushebt. Der aus Marokko stammende Mann versteht nämlich, gerade seine Mediokrität gewinnbringend einzusetzen: In einer Gameshow, in der es darum geht, die Meinungen, Vorlieben und Abneigungen seiner Landsleute haargenau einzuschätzen, ist er der unumstrittene Meister der präzisen Vorhersage und gewinnt bravourös das Finale der Show. So weit, so gut, möchte man meinen.
Doch dann tritt die Liebe in Gestalt der attraktiven und charmanten Claire (Caroline Dhavernas) in sein Leben, und während der Durchschnittstyp von nebenan sich noch fragt, warum ausgerechnet ihm so viel Glück widerfährt, laufen im Hintergrund bereits die Intrigen. Claire ist nämlich eine Schauspielerin, die Jalil im Auftrag eines Marktforschungsinstitutes umgarnt. Denn mit Hilfe von "Mr. Average", so vermuten die Marktforscher, dürften sich in Zukunft noch zielgerichteter Produkte und Werbekampagnen für das Gros der Bevölkerung platzieren lassen. Doch auch die hehre Politik in Gestalt des französischen Präsident Chastain (Thierry Lhermitte), interessiert sich recht bald für den einfachen Lehrer, der als Gradmesser von Volkes Wille die schwierige politische Arbeit um einiges erleichtern könnte. Als Jalil von dem Komplott erfährt, holt er zu einem Gegenschlag aus, der für einiges Aufsehen sorgt...

In manchen Momenten – leider sind diese recht selten – von Mr. Average / Comme tout le monde fühlt man sich an Jan Kounens brillante Abrechnung 39,90 / 99 Francs erinnert. Allerdings, und das ist sehr bedauerlich, legt der Regisseur Pierre-Paul Renders wesentlich mehr Gewicht auf die Liebesgeschichte zwischen Jalil und Claire und verliert immer wieder die psychologischen Feinheiten und gesellschaftlichen Komplikationen des Stoffs aus den Augen. Wären nicht die munter aufspielenden Schauspieler, würde man sich eher an einen Fernsehfilm erinnert fühlen, der eine eigentliche interessante Grundkonstellation zugunsten eines „human interest“ opfert. Schade; in dieser Geschichte wäre weitaus mehr drin gewesen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/mr-average