LowLights - Eine Nacht, ein Ritual

Vilnius bei Nacht

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Im Kino wird nachts gern alles andere getan als geschlafen. Zu nächtlicher Stunde wird getanzt, gefeiert, geliebt, gemordet – oder wie in LowLights - Eine Nacht, ein Ritual einfach nur ziellos mit dem Auto herum gefahren. Das könnte spannend in 24 Hour-Städten wie New York, Chicago oder London sein. Vilnius hingegen versinkt nachts in Stille und Dunkelheit. Ein paar offene Tankstellen und Leuchtreklamen von Gewerbegebieten und Supermärkten zeugen davon, dass hier sonst mehr Leben auf den Straßen herrscht.
Was an nächtlichen Autofahrten so spannend sein soll, mag sich nicht nur der Zuschauer fragen. Auch der schüchterne Tadas (Dainius Gavenonis), Angestellter einer Versicherung, weiß damit zunächst nichts anzufangen. Als er unverhofft eines Tages auf seinen ehemaligen Schulkameraden Linas (Jonas Antanelis) trifft, will eben dieser ihn in dieses seltsame Ritual einführen. Als Tadas fragt, worum es dabei gehe, antwortet Linas: "Um nichts, wir fahren einfach." Und um nicht wirklich viel mehr als das geht es auch gähnend lange 90 Minuten in diesem Film.

Aber Tadas willigt ein und fährt mit. Was als Gefälligkeit für einen alten Kumpel anfängt, endet schließlich in einem Liebesspiel: Denn als Linas an einer Tankstelle eine außergewöhnliche Frau anspricht, ist Tadas viel zu verblüfft, um sofort aufzuklären, dass er mit der Schönen der Nacht eigentlich verheiratet ist. Und auch Laura (Julia Maria Köhler) schweigt gegenüber Linas. Die beiden Verheirateten spielen eine Nacht zwei Fremde und führen so den Dritten an der Nase herum. Ob es ihrer Ehe gut tut, die im verflixten 7. Jahr längst den Bach hinunter gelaufen ist, sei dahin gestellt. Unabgesprochene Rollenspiele könnten eigentlich richtig interessant sein, nur verpufft das ganze Theater hier glattweg im dunklen Nichts.

Wer Ten von Abbas Kiarostami (Iran 2002) kennt, weiß, dass es möglich ist, einen grandiosen Film einzig und allein in wenigen Einstellungen in einem Auto zu drehen. Doch Regisseur Ignas Miskinis unterbricht die nächtliche Autofahrt immer wieder durch solch alberne Rituale wie das 2-Liter-Tanken. Mehr ist nicht erlaubt, denn nur so sind die Protagonisten in der Lage, immer mal wieder auszusteigen, Kaffee zu trinken und andere Nachtgestalten wie Jugend-Gangs, Drogendealer oder Zigeuner zu treffen. Solange wie möglich ohne Licht zu fahren, ist ein weiteres Ritual, das irgendwie an Mutproben unter amerikanischen Jugendlichen erinnert.

LowLights ist der zweite abendfüllende Spielfilm von Ignas Miskinis, der in seiner Heimat als einer der wichtigsten Vertreter der neuen Welle junger Regisseure des Baltikums gilt. Miskinis hat mehrere Jahre lang Werbefilme gedreht, was auch der Inszenierung von LowLights ein bisschen anzumerken ist. Auch wenn der werbliche Charakter nicht unbedingt durch die Bilder transportiert wird, dem Soundtrack ist es allemal anzumerken.

Geschlafen wird in LowLights später, der Zuschauer könnte jedoch währenddessen in ein gemütliches Kinonickerchen fallen. Am besten man schläft vor oder sucht sich gleich einen spannenderen Film aus. Die Auswahl ist ja groß.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/lowlights-eine-nacht-ein-ritual