Soi Cowboy

britspotting-Highlight: Eine ungewöhnliche Beziehung

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Es dauert eine ganze Weile bis in Soi Cowboy zum ersten Mal gesprochen wird. Überhaupt passiert in der ersten Hälfte des Films relativ wenig. In langen, ruhigen Einstellungen wird die ungewöhnliche Beziehung des korpulenten Dänen Toby (Nicolas Bro) und seiner zierlichen schwangeren Thai-Freundin Koi (Pimwalee Thampanyasan) unter die Lupe genommen. Die beiden leben nahezu wortlos in einem kleinen Bangkoker Appartement eher neben- statt miteinander. Die Tage plätschern so dahin: Sie isst, er duscht. Er kauft Viagra und billigen Schmuck, sie spielt Videospiele auf der Couch. Sie unternehmen einen Ausflug zu den Ruinen von Ayutthaya. Viel mehr passiert nicht. Alles ist sehr elegisch, subtil und monoton in schwarz-weiß inszeniert.
Darauf folgt der zweite Teil des Films, der einen radikalen Bruch sowohl inhaltlich als auch formell zur ersten Hälfte darstellt. In bunten, teil wackeligen Bildern wird Kois Bruder Cha (Petch Mekoh) beim Besuch seines Heimatdorfs begleitet. Im Auftrag der Mafia soll er seinen älteren Bruder töten. Die genauen Umstände sind nicht zu erfahren. Überhaupt ist die plötzliche Wendung des Films ziemlich rätselhaft und erinnert ganz stark an die Handschrift von Apichatpong Weerasethakul. Der thailändische Regisseur ist bekannt dafür, seine meist experimentellen Filme in zwei Teile zu spalten (z.B. Tropical Malady) und merkwürdige, undurchsichtige Begebenheiten zu zeigen.

Auch wenn der Inhalt und die beiden Teile des Films äußerst nebulös sind, beeindrucken die wunderschönen Bilder, die der Kameramann Sayombhu Mukdeeprom dafür gefunden hat. Einerseits meditativ, verträumt und melancholisch, anderseits kräftig, üppig und lebendig. Seine Naturbilder und Kamerafahrten erinnern nicht zu letzt deswegen auch an die Filme des thailändischen Regisseur Apichatpong Weerasethakul, weil er für eben diesen schon mehrere Filme fotografiert hat, darunter Syndromes and a Century (2006) und Blissfully Yours (2002).

Verwirrend sind auch die letzten Szenen des Films in einem Bordell. Cha liefert dem Boss die von der Mafia beauftragte Beute. Eine Band spielt live Musik. Unter den Zigarre rauchenden und Whisky trinkenden Typen sitzen auch Tobi und Koi, aber in anderen Rollen. Er ist fein herausgeputzt und sie ist das schüchterne, nicht schwangere Thaigirl. Da Soi Cowboy für einen Rotlichtbezirk in Bangkok steht, ist anzunehmen, dass sich die beiden dort kennengelernt haben. Ob Koi jedoch von Toby schwanger ist, bleibt offen. Die ganze Szenerie ist äußerst bizarr und wie bei David Lynch werden die Zuschauer ratlos zurück gelassen.

Thomas Clay, der Regisseur des Films, lebt selbst in Thailand mit einer thailändischen Frau zusammen. Im britischen Kino gilt er eher als Außenseiter, zumal Soi Cowboy absolut untypisch britisch ist, komplett in Thailand gedreht wurde und auch sonst keinen Bezug zum Heimatland des Regisseurs hat. Bereits sein erster Film The Great Ecstasy of Robert Carmichael (2005) sorgte wegen seiner Gewaltszenen für heftige Diskussionen beim Filmfestival in Cannes. Auch Soi Cowboy, der 2008 in der Sektion "Un Certain Regard" in Cannes lief, wird die Geister scheiden. Was für die einen langatmig und eintönig erscheinen mag, werden andere als künstlerisch anspruchsvoll und intelligent einschätzen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/soi-cowboy