Tandoori Love

Hindi-Land meets Heidi-Land

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Bollywood-Kino steht für Kitsch, bunte Farben, unrealistische Liebesgeschichten und großzügige Sing- und Tanzeinlagen nach indischer Popmusik. Wenn man dieses Gesamtpaket in die Schweiz exportiert, mit Alpentrachten würzt und eine Prise europäische Nüchternheit dazugibt, dann hat man den Plot von Tandoori Love. Ob das funktioniert? Mit kleinen Abstrichen durchaus.
Sonja (Lavinia Wilson) und ihr Verlobter Markus (Martin Schick) führen ein traditionelles Gasthaus, den "Hirschen", in den Schweizer Alpen, was durch das Auftauchen des indischen Kochs Rajah (Vijay Raaz) völlig durcheinander gerät und neuen kulinarischen Pfiff erhält. Aber wie kommt ein Inder in das Berger Oberland? Die Lösung ist schnell bei der Hand: Ein indisches Filmteam um die eigenwillige Diva Priya (Shweta Agarwal) dreht zur Zeit eine Bollywood-Schmonzette vor der malerischen Kulisse der schneebedeckten Berge und vermisst nun seinen Koch. Selbstredend kann Priya ohne ihren Leibkoch nicht mehr arbeiten und die hektische Suche nach dem Abkömmling beginnt. Der hat sich im "Hirschen" gemütlich eingerichtet, nachdem er sich im Supermarkt Hals über Kopf in Sonja verliebt hat und sie durch seine Kochkünste von einer Heirat zu überzeugen versucht. Was er nicht weiß ist, dass Markus ihm einen Schritt voraus ist und bereits das Aufgebot bestellt hat. Sonja ist hin- und hergerissen zwischen den beiden Männern und kann sich nur schwer entscheiden. Derweil verfolgt die Dorfgemeinschaft irritiert aber vergnügt der Speiseplanänderung, die nun statt Rösties und Zürcher Geschnetzeltem scharfes Curry und Chutney aufweist. Ganz nach Bollywood-Manier kommt es zu einem dramatischen Finale, bei dem Sonja sich für den einzig wahren Mister Right entscheidet ...

Die Kombination aus ultrakitschigem Bollywoodkino und den ebenso kitschigen Schweizer Bergen mit den Verschrobenheiten schweizerischer und indischer Persönlichkeiten, die bisweilen klischeehaft überzeichnet sind, und eine gehörige Portion schwarzen Humors sorgen insgesamt bei Tandoori love für ein vergnügliches und kurzweiliges Kinoerlebnis. Die Farbenpracht indischer Kleidung hebt sich prächtig von den verschneiten Bergen und den grünen Wiesen ab und bildet so einen ungewöhnlichen Kulturmix, den es in der Realität tatsächlich gibt. Die Schweiz ist für manchen Inder ein begehrter Touristenort, und auch die indische Filmindustrie hat hier schon einige Streifen gedreht. So ist es nicht verwunderlich, dass Oliver Paulus seine Leidenschaft für Bollywood und seine schweizerischen Wurzeln in diesem Film kombiniert hat. Sein Diktum lautet: Mehr Kitsch! Und den gibt es in Hülle und Fülle in Tandoori love. Aber nicht nur den, sondern auch viele
witzige Details, wie beispielsweise den Mops von Oma Rosmarie (Verena Zimmermann), der aus unerfindlichen Gründen ein Laufgestell umgeschnallt hat und sich durch die Szenerie quält.

Neben Kitsch und Komödiantischem dürfen natürlich die Tanzeinlagen nicht fehlen, obgleich es bei den Choreografien stellenweise an der Umsetzung mangelt, was an dem Halbprofi-Status der Tänzer liegen mag. Aber wenn man als Zuschauer die Ansprüche hier etwas herunterschraubt, so kann man dieses Defizit leicht verzeihen, denn im Gegenzug dazu sorgen die gestochen scharfen Fooddetails in der Küche und die außergewöhnlichen Naheinstellungen der Essenszubereitung dafür, dass einem das Wasser im Mund zusammen läuft und zeigen Gemüse, Fleisch & Co von seiner schönsten, nämlich extrem sinnlichen Seite. Lediglich die Auswahl des Hauptdarstellers Rajah scheint etwas missglückt, denn Vijay Raaz sieht ziemlich verschlagen aus und stellt eher den Prototyp eines Ganoven dar, als den eines sinnlichen Lovers.

Grundvoraussetzung um den Film zu mögen, ist eine gewisse Affinität zu Alpenromanzen und Bollywoodkitsch. Wenn man dann noch einige Holprigkeiten im Drehbuch außer Acht lässt und bei den Tanzchoreografien ein Auge zudrückt, dann ist Tandoori love durchaus eine kurzweilige Komödie, die für einiges Amüsement sorgt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/tandoori-love