Briefe an Julia

Alte Liebe rostet nicht

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Diese Hochglanzromanze erzählt von der verpassten Chance der siebzigjährigen Claire auf die große Liebe. Fünfzig Jahre später sucht sie mit Hilfe einer jungen Amerikanerin ihren wahren Mister Right im idyllischen Italien, wobei es ein eklatantes Problem gibt: Unzählige toskanische Männer tragen den Namen Lorenzo Bartolini, und Claire weiß lange nicht, ob sie ihren zweiten Frühling doch noch erleben wird.
Die New Yorker Journalistin Sophie (Amanda Seyfried) ist mit dem Kochfanatiker Victor (Gael Garcia Bernal) verlobt, der für sein Restaurant neue Inspirationen sucht. Kurzerhand fliegen die beiden nach Verona, doch für Sophie wird der lang ersehnte Urlaub mit ihrem Liebsten schnell zum langweiligen Trip, denn Victor verliert sich in den kulinarischen Genüssen von Trüffeln, Pasta und italienischen Weinen. So streift Sophie alleine durch die Straßen des idyllischen Städtchens und stößt auf ein seltsames Ritual, bei dem Liebende aus aller Welt Briefe am angeblichen Wohnort von Romeo & Julia hinterlassen, um vom „Club di Gilulietta“ Rat in ihren Liebesangelegenheiten zu bekommen. Die fleißigen Sekretärinnen Julias beantworten jeden Tag körbeweise Post der gebrochenen Herzen, wobei schon mal ein Brief verloren gehen kann. Solch einen entdeckt Sophie, der vor über fünfzig Jahren geschrieben wurde und den Empfänger nie erreicht hat. Daraufhin nimmt sie Kontakt zu Claire (Vanessa Redgrave), der Verfasserin des Briefes auf, um der Liebe vielleicht doch noch zu ihrem Recht zu verhelfen. Claire reist alsbald mit ihrem Enkel Charlie (Christopher Egan) nach Italien, wobei dieser von der Spurensuche seiner Großmutter überhaupt nicht begeistert ist. Von da an beharken sich Charlie und Sophie, da sie mit allen Mitteln der alten Dame helfen will, er wiederum alles dagegen tut, damit die Suche Erfolg hat. Natürlich wird aus dem ewigen Streit der Beiden dann auch noch Liebe, frei nach dem Motto: Was sich liebt, das neckt sich. Schließlich wollen sie ja nicht dem Beispiel von Großmutter Claire folgen, die fünfzig Jahre ihres Lebens sinnlos verschenkt hat, weil sie kein Leben an der Seite Lorenzo Bartolinis führte ...

Briefe an Julia greift den tatsächlich bestehenden "Club di Gilulietta" auf, der 1972 von Giulio Tamassia gegründet wurde, und der Dank der Hilfe ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen die Flut von Briefen tagtäglich beantwortet. Somit haftet diesem Film ein Stück Authentizität an, das eingewoben wird in den sehr vorhersehbaren Ausgang dieses Liebesfilms. Aber eine Romanze wäre schließlich keine Romanze, wenn die Suche nach der Liebe und vor allem das Finden derselben am Ende offen bleiben würde. Die Produzenten Canton, Kaplan und Barkin wollten damit ein Phänomen darstellen, das sich mit der vermeintlich einzig wahren Liebe auseinandersetzt, welches sich zwar anhand der hohen Scheidungsraten ad absurdum führt, aber durch die beiden Paare Sophie/Charlie und Claire/Lorenzo widerlegt wird – zumindest auf der Leinwand. Wenn man sich bewusst macht, dass Kino in der Regel fiktional ist, kann man Briefe an Julia als kurzweilige Unterhaltung betrachten, die zwar nicht lange in Erinnerung bleibt, aber immerhin für knappe zwei Stunden zum Eintauchen in die wunderschöne Kulisse der Toskana einlädt. Als absoluter Hingucker erweist sich mal wieder Vanessa Redgrave, die – egal in welchem Film sie auftritt - dem Ganzen einen Hauch großes Kino verleiht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/briefe-an-julia