Bedways

Gewagt und gewonnen

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Deutschland ist ja nun nicht gerade bekannt dafür sinnliche Erotikfilme zu drehen. Überhaupt ist Erotik im deutschen Film meist noch recht spröde und langweilig. Mit Bedways wurde jetzt ein Versuch gestartet, das zu ändern. Nachdem Filme wie 9 Songs oder Intimacy die Tür für "Arthouse-Pornographie" aufgestoßen haben, folgt jetzt der deutsche Filmemacher RP Kahl mit einer experimentelleren Variante des Themas.
In einem völlig heruntergekommenen Apartment in Berlin treffen sich Marie, Hans und Nina zu Probeaufnahmen. Nina will einen Film drehen, mit echtem Sex und Gefühl, aber ohne Drehbuch. Eine Idee hat sie auch nicht, so hofft sie auf Inspiration von Hans, ihrem Ex-Liebhaber und Marie, der jungen Schauspielerin. Von Anfang an brodelt es zwischen den Dreien. Nicht nur die von allen erwartete erotische Explosion ist im vollen Gange. Auch andere Gefühle wie Schmerz, Eifersucht und dem Bedürfnis nach Liebe reihen sich in die kalten Tage im Apartment mit ein. So wird aus den Aufnahmen ein emotionaler Minikosmos, in den sich alle nach und nach fallen lassen.

RP Kahls Low-Budget Film ist ein gewagtes Projekt. Ein kleines Kammerspiel mit experimentellem Erzählstil und drei Schauspielern, die nach und nach Körper und Seele entblößen. Die Ästhetik, die sich dabei zwischen Kamera und Schauspiel entwickelt, ist unprätentiös und schön zugleich, auch wenn man sich an das Unterkühlte des gesamten Filmes erst gewöhnen muss. Manchmal wirken die Dialoge ein wenig selbstgefällig, teils auch krude, doch der Film vermag es nach und nach die erotische Spannung aufzubauen. Dass RP Kahl den sexuellen Höhepunkt gleich an den Anfang des Filmes setzt, macht Bedways umso interessanter. Damit nimmt er dem Voyeurismus sofort den Wind aus den Segeln und verschiebt das Interesse auf die kleinen Zwischenmenschlichkeiten aus denen Begierde und Sexualität ebenfalls entstehen.

Bei aller Intimität, die Kamera bleibt immer ein wenig auf Abstand zum Geschehen. In sauberer, fast schon steriler Digitaloptik beobachtet sie gern aus überraschenden Blickwinkeln das Treiben der Protagonisten. Dabei wirkt sie erstaunlich unvoyeuristisch, fast schon dokumentarisch neutral. Wie sehr Bedways mit Medialität und deren Grenzen spielt, zeigt sich vor allem in der letzten Szene. Nina und Hans masturbieren vor einander. Dabei sind sie getrennt in zwei verschiedenen Räumen, sehen einander nur über Monitore. Sie masturbieren vor der Kamera, in die Technik hinein und weit entfernt von der Menschlichkeit, die sie doch die ganze Zeit suchen. Die Entblößung findet mit Abstand statt und als schließlich ihre selbst gewählten Grenzen aufgehoben werden und beide zueinander finden, schwenkt die Kamera ab. Sie ist nicht mehr nötig.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/bedways