Gregs Tagebuch - Von Idioten umzingelt!

Die Zeit vor dem ersten Sex

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Thor Freudenthals Werk basiert auf dem Online-Cartoon "Diary of a Wimpy Kid", der unglaublichen Erfolg im Netz und schließlich auch als Buch hatte. Mit 28 Millionen verkauften Kopien weltweit traf Autor Jeff Kinney offensichtlich einen Nerv in der Altersgruppe der "Tweens", also Kindern irgendwo zwischen Sandkasten und Pubertätspickeln. Nachdem nun also die High School Jugendlichen abgefrühstückt sind, folgt mit Gregs Tagebuch - Von Idioten umzingelt! ein Film für den Lebensabschnitt vor dem ersten Sex.
Greg (Zachary Gordon) hat seinen ersten Tag an der Junior High School und ihm ist von Anfang an klar, dass der Wind hier anders weht. Beliebtsein ist alles, was in seinen Augen zählt. Und er will es nicht auf den Zufall ankommen lassen. Also denkt er sich in immer neuen Episoden Beliebtheitssteigerungsprojekte aus, die ihm den nötigen Platz unter den beliebtesten Zehn sichern soll. Doch es gibt zwei Probleme. Sein bester Freund aus Kindertagen Rowley (Robert Capron) ist viel zu uncool für die neue Lebensphase. Er spielt noch immer gern zuhause, trägt schreckliche Klamotten, ist naiv, kindlich und dazu noch dick. Blamabel findet Greg es, so einen Freund zu haben. Doch irgendwie auch hilfreich, denn man kann seine Naivität gut dazu benutzen, um selbst voran zu kommen. Gregs zweites Problem ist jedoch, dass alle seine Pläne immer wieder schief gehen.

Die Verfilmung von Jeff Kinneys Vorlage ist – wie der Comic – episodenhaft gehalten. Am Anfang hat man noch ein wenig Spaß dabei zu sehen, wie Greg und Rowley in eine ganz neue Welt eindringen, die so anders ist als in der Grundschule. Doch schon bei den ersten Szenen im Unterricht ist Schluss mit lustig. Die gesamte Schule ist bevölkert von Klischeefiguren - Volltrottel, Supernerds, Migrationskinder mit eigenartigen Angewohnheiten und Akzenten, Sportlern, Strebern und Coolen. Das kennt man zwar aus jedem High School Film. Hier aber ist diese Einteilung dermaßen auf die Spitze getrieben, dass man das eigentlich nicht mehr ernst nehmen kann. Es gibt in Gregs Welt keine "Normalos".

Das mag daran liegen, dass der Film eine Cartoonadaption ist, doch "pfiffig" sieht anders aus. Je weiter Gregs Projekte zur Coolwerdung voranschreiten, desto mehr entfernt er sich von seinem gewünschten Ziel. Und zu allem Übel schafft sein naiver und trotteliger bester Freund, den Greg eigentlich tief verachtet, genau das – er wird beliebt. Für Greg ist das jedenfalls das absolute Desaster.

An dieser Stelle verliert der Film schließlich sämtliche Gefälligkeit. Die Hauptfigur, unterstützt durch seine Gedanken, die im Off formuliert werden, entpuppt sich als psychotisches Kind mit einer massiven narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Gregs Ich-Bezogenheit geht weit über die üblichen pubertären Anfälle hinaus. Nein, dieser Junge ist regelrecht bösartig. Seine wiederkehrende Selbstverherrlichung ist kaum auszuhalten, die Art wie er seinen besten Freund behandelt, erfüllt schlichtweg den Tatbestand der Misshandlung. Die penetrante Ich-Haltung des Jungen schlägt irgendwann so schwer auf Magen und Laune, dass jeder halbwegs empathische Mensch eigentlich aufstehen und gehen sollte.

Das Schlimme an dem Film ist, dass er nichts davon übel nimmt. Im Gegenteil, es scheint als wolle das Werk sagen "So sind Kinder heutzutage nun mal, die Welt ist hart und gemein und es ist okay sich so zu verhalten." Zwar wird Greg am Ende nicht der beliebteste des Jahrgangs aber er wird weder für sein Fehlverhalten bestraft, noch lernt er irgendetwas. Eine Botschaft, die schlichtweg an Zynismus grenzt. Mit der Message des Comics, mit seiner Ironie und seinen Subtexten hat dieser Film jedenfalls erschreckend wenig zu tun.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/gregs-tagebuch-von-idioten-umzingelt