Iron Sky

The Return of the Nazis from Outer Space

Eine Filmkritik von Festivalkritik Berlinale 2012 von Beatrice Behn

Mehr als drei Jahre hat es gedauert bis die Idee, einen Gemeinschaftsfilm über Nazis auf dem Mond zu machen, in die Tat umgesetzt werden konnte und endlich auf großer Leinwand zu sehen ist. Das Besondere an "Iron Sky" ist seine Entstehung, die durch eine Schwarmfinanzierung zustande kam und dessen Drehbuch unter anderem durch Crowdsourcing entstand.
Bei dieser Entstehungsgeschichte werden vor dem Sehen des Filmes aber gleich zwei Befürchtungen wach: erstens wird ein so lange und so massiv gehypter Film fast nie den überhöhten Erwartungen stand halten können, die man an ihn stellt. Zweitens führt ein Crowdsourcing, also eine kollektive Ideensammlung meistens dazu, dass das Endprodukt eines voller Kompromisse ist, das auf den kleinsten gemeinsamen Nenner heruntergebrochen ist.

Das Endergebnis dieser ungewöhnlichen Art einen Film zu machen, premiert nun auch in ungewöhnlicher Weise: auf der Berlinale. Erzählt wird die Geschichte einer versprengten Gruppe von Nazis, die sich 1945 auf die dunkle Seite des Mondes mit UFOs (hier "Reichsflugscheiben") retten können und dort verharren, um den besten Zeitpunkt abzuwarten, die Erde anzugreifen und das 4. Reich auszurufen. Leider wird dieser Plan maximal beschleunigt, als ihr Camp von einem afroamerikanischen Astronauten entdeckt wird, der den Mond als PR-Aktion besucht. Diese Werbemaßnahme dient der Wiederwahl der amerikanischen Präsidentin, die eine mehr als deutliche Reminiszenz an die Tea Party-Ikone Sarah Palin ist. Die Entdeckung des nationalsozialistischen Mondquartiers veranlasst Nachrichtenübermittlungsoberführer Klaus Adler (Götz Otto) auf die Erde zu fliegen, um sich Telefone und Computer einer bekannten Apfelfirma zu besorgen, denn diese eignen sich hervorragend für den Antrieb des Großkampfschiffes "Götterdämmerung", welches den Angriff auf die Erde leiten soll. Was im Nazi-Hauptquartier auf der dunklen Seite des Mondes aber niemand weiß: Adler will die Invasion dazu benutzen, um selbst die Macht im Himmel und auf der Erde an sich zu reißen - zumal der bisherige Führer (Udo Kier) dank seines Namens unte reinem erheblichen Autoritätsverlust leidet - denn wem geht ein "Heil, Krotzfleisch" schon leicht von den Lippen?

Die Kurzzusammenfassung lässt es schon vermuten, Iron Sky ist ganz großer Nazi-Exploitation-Trash. Guten Trash zu produzieren, ist gar nicht so einfach und trotz aller eingangs genannten Befürchtungen - der Film ist gelungen. Das Drehbuch ist zwar ein wenig schwach auf der Brust und einige Witze wirken gestelzt und fallen sehr flach aus, doch im Großen und Ganzen ist das Gemeinschaftswerk ein Filmspaß, der nur so strotzt vor Popkultur- und Genrereferenzen, die es zu erkennen gilt. Von Star Wars über Matrix bis hin zu Mad Max und einem Charakter, der eine eindeutige Persiflage auf Samuel L. Jackson ist, die kollektive Ideensammlung ist eindeutig erkennbar und speist sich vor allem aus Zitaten kontemporärer Fankultur.

Wäre dies alles was der Film zu bieten hat, müsste man sich schon sehr wundern, wieso er auf der Berlinale seine Weltpremiere feiern kann. Doch Iron Sky ist keinesfalls ein Snakes on the Plane im Weltall; der Inhalt beschränkt sich nicht nur auf trashigen Insiderspaß, wie es die meiste Berichterstattung der letzten Monate erwarten ließ. Der Film hat einen überraschend bissigen, politischen Subtext und kommentiert immer wieder mit bitterbösem Humor die augenblickliche politische Weltlage und zieht gekonnt Parallelen zwischen den einstigen nationalsozialistischen Machtstrukturen zum aktuellen Verhalten der US-amerikanischen Regierung im Krieg gegen den Terror. Dieser, fast den ganzen Film durchziehende, politische Kommentar, der an manchen Stellen eindeutiger ausfällt, als er je in einem Mainstreamfilm erscheinen würde, stellt Iron Sky damit ganz eindeutig in die Nachfolge der frühen Exploitationfilme der 1960er und 1970er Jahre.

Ob Iron Sky den Erwartungen entsprechen wird, ist eine Frage, die jeder Zuschauer für sich selbst beantworten muss. Gelohnt hat sich der immense Aufwand der Macher aber auf jeden Fall. Und ein Kultstatus ist dem Werk sowieso sicher.

(Festivalkritik Berlinale 2012 von Beatrice Behn)

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/iron-sky