Alles koscher! (2010)

Moslem oder Jude?

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Wenn ein Moslem herausfindet, dass er adoptiert und eigentlich als Jude geboren wurde, ist das für ihn alles andere als amüsant. Der Umstand bietet jedoch allerhand Stoff für eine brillante Kinokomödie, die der britische Regisseur Josh Appignanesi mit Alles koscher! / The Infidel gedreht hat. Es geht dabei nicht nur um den Islam oder das Judentum an sich, sondern vor allem auch um Zugehörigkeit, Identität und Toleranz. Appignanesi (Song of Songs, 2006) hat sich dem heiklen Thema angenommen – ohne dabei in die gängigen Klischees abzurutschen.

Alles dreht sich um Mahmud Nasir (Omid Djalili), der ein überzeugter, wenn auch kein streng gläubiger Moslem ist. Als seine Mutter stirbt, findet er seine Geburtsurkunde, die ihn nicht nur als Adoptivkind, sondern mit dem Namen Solly Shimshillewitz auch als Juden ausweist. Um seinen vermeintlichen Vater Izzy Shimshillewitz im Altersheim besuchen zu können, muss er sich als echter Jude beweisen. Doch damit nicht genug: Zeitgleich will sein Sohn Rashid (Amit Shah) um die Hand seiner Freundin Uzma anhalten (Soraya Radfort), deren Stiefvater Arshad Al-Masri (Igal Naor), ein fanatischer Prediger des Islams ist.

Mahmud muss Jude und Moslem zugleich sein. Jude, weil er seinen richtigen Vater treffen will und Moslem, weil er die Heirat seines Sohnes unterstützen und den fanatischen Stiefvater überzeugen möchte. Doch ein Glaube will gelernt sein. Was das Jiddische betrifft, so bringt ihm der kettenrauchende und alkoholliebende Taxifahrer Lenny (Richard Schiff) die wichtigsten Regeln, Wörter und Gebräuche bei. Natürlich alles hinter dem Rücken von Mahmuds Frau (Archie Panjabi), die ihn aufgrund seiner häufigen Abwesenheit schon im Bett einer anderen glaubt. Von den religiösen Irrwegen ihres Mannes hat sie nicht die geringste Ahnung. Als Mahmud eine pro-palästinensische Demonstration besucht und danach auf einer Bar Mitzwa tanzt, fängt die Lage an zu eskalieren.

Wenn ein Film so stark um eine Figur wie Mahmud kreist, dann muss sie schauspielerisch so gut sein, um den ganzen Film zu tragen. Der britisch-iranische Schauspieler und Stand-Up-Comedian Omid Djalili (BBC-Serie The Omid Djalili Show) füllt diese Rolle perfekt aus. Ihm scheint die Rolle nicht nur wie auf den Leib geschrieben. Sie wurde sogar direkt für ihn von dem Autor und Komiker David Baddiel geschrieben. Realisiert hat den Film ein Team mit muslimisch-jüdisch-christlich-atheistisch-buddhistisch-bahaistischen Hintergrund, wie im Presseheft des Films zu lesen ist. Wenn so etwas hervorgehoben wird, tritt es gleichzeitig ganz stark in den Hintergrund.

Wie stark die Identität mir der eigenen Religion verbunden und das Leben davon ausgefüllt ist, mag der Film auf heitere, lockere Art zu vermitteln. Dort, wo beim Thema Religion und Herkunft immer wieder Berührungsängste auftauchen, stellt Alles koscher! den Humor vorne an. Das funktioniert zwar weit entschärfter als die Islamisten-Satire Four Lions, ist aber dennoch heikel genug, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/alles-koscher-2010