Die Prinzessin von Montpensier

Die Liebe ist ein Schlachtfeld

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Frankreich im Jahre 1562: Nach wie vor tobt der erbitterte Kampf zwischen den Katholiken und den Hugenotten. Unter den Kämpfern für die Protestanten befindet sich auch der Comte de Chabannes (Lambert Wilson), der des Kämpfens aber langsam müde wird. Als er aus Versehen eine schwangere Frau tötet, entschließt er sich dazu, die Waffen niederzulegen und zu desertieren. Von nun an ist er von beiden Seiten mit einem Bann belegt - für die Katholiken ist er deshalb eine persona non grata, weil er für die Häretiker gekämpft hat, bei den Hugenotten gilt er als Deserteur und Verräter an der eigenen Sache. Dank der Verbindungen seines ehemaligen Zöglings Philippe, des Prinzen von Montpensier (Grégoire Leprince-Ringuet), findet Chabanne an dessen Hof Unterschlupf und wird Zeuge der Machtpolitik jener Tage, als Ehen niemals aus Liebe, sondern vor allem zum Zweck des Machterhaltes und der Sicherung und Erweiterung von Einfluss auf die Politik Frankreichs geschlossen werden.
Das muss auch Marie de Mézières, die Erbin eines uralten Adelsgeschlechts und damit riesiger Ländereien erfahren, die eigentlich dem Duc de Guise (Gaspard Ulliel) versprochen und diesem schon seit langem zugeneigt ist. Aus Machtüberlegungen heraus wird die Verlobung durch Maries Vater gelöst und diese nun als neue Gattin des Prinzen von Montpensier installiert. Als dieser kurz nach der in aller Öffentlichkeit vollzogenen Hochzeitsnacht wieder in den Krieg ziehen muss, vertraut er die ebenso schöne wie naive Prinzessin dem Comte de Chabannes an, der die junge Frau mittels Lektionen in Poesie und Latein hoffähig machen soll. Bald schon erliegt auch der Hugenotte dem unschuldigen Charme Maries, die ihrerseits immer noch zärtliche Gefühle für den Duc de Guise empfindet. Und dann ist da noch der Duc d’Anjou (Raphael Personnaz), der spätere König Henri III., der sich bei der ersten Begegnung ebenfalls in die hinreißende junge Frau verliebt...

Basierend auf einem Roman von Madame de Lafayette aus dem Jahre 1662 zeichnet Bertrand Tavernier ein Sittenbild höfischer Intrigen und Liebeshändel vor dem Hintergrund der Hugenottenkriege. Wer mit den Feinheiten jener blutigen Epoche in der Geschichte Frankeichs nicht vertraut ist, dem erschließen sich manche Aspekte der Story erst im Nachhinein und nach gründlicher Lektüre. Das wäre durchaus zu verschmerzen, wenn der Historienschinken zumindest emotional packen würde. Trotz aller Liebeswirren gelingt Tavernier dieses gerade nicht – was sowohl an seiner Titelheldin wie auch an dem Comte de Chabannes, dem eigentlichen Helden und Erzähler der Wirrungen bei Hofe liegt.

Dass Frauen in jenen Tagen nicht sehr viel mehr als Manövriermasse in den Machtspielchen ihrer Väter sind, kennt man bereits aus etlichen anderen Filmen und bekam dies beispielsweise bei Sophia Coppolas in Cannes vor einigen Jahren mit Pfiffen und Buhrufen bedachten Marie Antoinette auf ebenso ungewöhnliche wie provokante Weise vorgeführt. Auf solche Widerborstigkeiten wartet man bei La Princesse de Montpensier leider vergeblich. Bis sich die entsetzlich naive Dame dann endlich auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse besinnt, ist die Geduld des Zuschauers mit etlichen brutalen Metzeleien und den verzwickten Manövern im royalen Machtgefüge bereits über die Maßen strapaziert.

Ähnlich schwach gezeichnet ist auch der Comte de Chabannes, der als resignierter Kämpfer und weiser Lehrer immerhin den einzigen wirklichen (wenngleich eher unfreiwilligen) Lacher auf seiner Seite weiß, als er wie der Conferencier einer schlechten Bühnenshow die streitenden Liebesleute Marie und den Duc de Guise zu mehr Ruhe mahnt und damit explizit auf einen Moment absoluter Unglaubwürdigkeit hinweist. Gäbe es nicht die eindringlich gefilmten Kampfszenen, die die Handlungen immer wieder unterbrechen, und Tavernieres gekonnte Inszenierung, die trotz mancher Drehbuchschwächen ein eindringliches Bild der Zeit zeichnet, wäre Die Prinzessin von Montpensier wohl ein ganz und gar enttäuschender Film geworden. So aber ist das Werk vor allem für Freunde der klassischen französischen Literatur durchaus einen Kinobesuch wert.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-prinzessin-von-montpensier