Salto für Anfänger

Purzelbäume für Ingmar Bergman

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Es ist alles nur ein Traum: Da hat die Schauspielerin Isabella (Martina Haag) endlich die Chance auf ein Vorsprechen – noch dazu mit einem berühmten Kollegen (Mikael Persbrandt), der in der Krimiserie Kommissar Beck den stolzen Kriminaler Gunvald spielt – und haut mit ihrer Performance alle Anwesenden derart um, dass selbst der Fernsehstar nicht anders kann als begeistert zu gratulieren. Wenn das Ganze doch nur kein Traum wäre. Die Realität Bellas sieht dummerweise ganz anders aus und berechtigt nicht im Geringsten zu bonbonrosafarbenen Karriereträumen. Mit knapp vierzig hat sie es nämlich immer noch nicht geschafft – weder beruflich noch privat. Die Uhr tickt immer lauter, die den Ablauf der Schonfrist anzeigt. Wenn Bella es jetzt nicht schafft, ihr Glück zu finden, ist dieser Zug wohl für alle Zeiten abgefahren. Und so müssen einige bei Lichte besehen ganz harmlose Tricks herhalten, um die müde Laufbahn als Schauspielerin endlich wieder in Schwung zu bringen.
Klar, dass das Feintuning des Lebenslaufs bald erste Erfolge zeitigt: Da Bella in einer Bewerbung beim renommierten Königlichen Schauspielhaus in Stockholm angegeben hat, dass sie zudem noch Akrobatin sei, will der große Ingmar Bergman (der 2007, als der Film gedreht wurde, noch lebte) sie für eine Produktion von Shakespeares Was ihr wollt haben. Die paar Kunststücke, da ist sich Bella mit ihrem Willen zum Glück ganz sicher, werden sich mit ein klein wenig Training schon hinbekommen lassen. Zu diesem Zweck heuert sie den exzentrischen Akrobaten Voltaire (Santo Magonza) an, der ihr die Finessen der Körperbeherrschung beibringen soll. Der lässt sie allerdings zuerst mal stundenlang Purzelbäume schlagen, so dass die Zeit langsam knapp wird, zumal die Assistenten des erkrankten Ingmar Bergmann die Kunststücke endlich einmal live auf der Probebühne sehen wollen. Und so befindet sich Bella bald auf der Flucht vor den Proben.

Zum Glück gibt es da den deutlich jüngeren dänischen Schauspieler Micke (Nikolaj Coster-Waldau), der im Gegensatz zu Bella schon ein richtiger (und dementsprechend umschwärmter) Star ist. Zu ihrem Erstaunen interessiert sich Micke für sie, was für Isabella ein echtes Aschenputtel-Erlebnis bedeutet. Je näher die Premiere der beiden Theaterstücke (Micke spielt in einer Inszenierung der Dreigroschenoper den Mackie Messer) heranrückt, desto mehr gerät Bella nun unter Druck. Hinzu kommt, dass sich der Märchenprinz Micke als regelrechter Casanova entpuppt. Doch dann holt die Akrobatin wider Willen zum Befreiungsschlag aus...

Während Isabella in Salto für Anfänger darauf hofft, vom großen Ingmar Bergman ausgewählt zu werden (womit die ganzen Verwicklungen überhaupt erst beginnen), ging es bei der Hauptdarstellerin Martina Haag genau andersherum – was an sich schon ein kleines Wunder ist. Einige Jahre zuvor hatte Haag mit der Romanvorlage für diesen Film einen (schwedischen) Bestseller geschrieben und sich dann einen Regisseur für die Verfilmung gesucht. Ein Procedere, um dass sie viele Schauspieler und Autoren heftig beneiden dürften. Das Ergebnis ist eine nette und teilweise sehr bunte Arthouse-Komödie, die einerseits beinahe wie eine skandinavische Version von Bridget Jones wirkt, andererseits förmlich nach einem US-amerikanischen Remake schreit. Man könnte auch sagen: Guter sauberer Spaß für einen netten Kinoabend der vorwiegend weiblichen Zielgruppe nebest bester Freundin.

Unterm Strich hat Salto für Anfänger durchaus einiges an Spaß zu bieten: Da wäre zum Beispiel die charmante und ihrer Rolle hinreißend unbeholfene Protagonistin zu nennen, deren sichtbare Falten und Fältchen ihren Charme eher noch erhöhen als vermindern. Hinzu kommen viele nette Details, eine zum Teil hinreißende Farbdramaturgie und ein sehenswertes Set Design sowie einiges an Situationskomik. Im Vergleich zu manch anderen skandinavischen Komödien aber fehlt es ein wenig an einer gewissen Widerborstigkeit und am Mut zur wirklich schonungslosen Betrachtung der Figuren und ihrer Macken und Schwächen. Der deutsche Titel, der auf durchaus renommierte Vorbilder wie Sterben für Anfänger und Italienisch für Anfänger referiert, deutet eine Intention, eine Stoßrichtung an, die der Film insgesamt dann doch zu selten einlöst. Nett unterhalten wird man aber in diesem Film allemal. Was ja manchmal auch nicht verkehrt ist.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/salto-fuer-anfaenger