The Stool Pigeon

Blutiges Hongkong-Action-Kino

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Hongkongs Kultfilmregisseur Dante Lam ist auf der diesjährigen Berlinale bereits zum dritten Mal zu Gast mit einem Film im Forum. Nach The Triad Zone / Jiang Hu (2001) und The Beast Stalker / Ching Yan (2009) präsentiert er nun seinen neuesten Action-Streifen The Stool Pigeon / Xian Ren, der seinem Berlinale-Vorgänger hinsichtlich Action, Tempo und Brutalität sehr ähnlich ist. Außerdem sind die Hauptdarsteller Nick Cheung and Nicholas Tse sowie Drehbuchschreiber Jack Ng wieder mit an Bord.
Im Mittelpunkt von Stool Pigeon steht der charismatische Inspektor Don Lee (Nick Cheung), der zur Lösung seiner Fälle gern mit Informanten, den so genannten "Stool Pigeons", zusammenarbeitet. Seine Spitzel rekrutiert er mit Vorliebe aus dem Umfeld der Gangster selbst. Das geht nicht immer gut. In der Anfangssequenz liefert Lee einen Informanten (Liu Kai-Chi) aufgrund unvorhergesehener Ereignisse der gegnerischen Seite aus – mit bitteren Konsequenzen. Ein Jahr später wird Inspektor Lee damit beauftragt, die Juwelenräuber Tai Ping (Keung Ho-Man) und Barbarian (Lu Yi) zu überführen. Dafür setzt er den gerade aus dem Gefängnis entlassenen Ghost jr. (Nicholas Tse) als Spitzel ein. Ghost jr. hat zwar alles andere im Sinn als mit der Polizei zu kollaborieren, doch braucht er schnell viel Geld, um die Schulden seines Vaters abzubezahlen. Als erfahrener Gangster schleust er sich schnell in die Diebesbande ein und wird als Fahrer bei den Überfällen eingesetzt. Inspektor Lee bekommt die Informationen, die er braucht und es sieht so aus, als könnte er die Diebe bald zur Strecke bringen – doch bei dem finalen Showdown kommt alles anders.

Das alles hat Dante Lam sehr rasant und unterhaltsam an großartigen Schauplätzen Hongkongs inszeniert. Da ist die Verfolgungsjagd durch einen Markt, der hauptsächlich aus Bretterverschlägen besteht. Da ist das geschäftige Treiben auf den bunten mit Lichtreklame gesäumten Straßenzügen und es gibt die kleinen abgelegenen Fischerdörfer, die, man glaubt es kaum, ebenso zur ehemaligen britischen Kronkolonie gehören wie die modernen, gläsernen Wolkenkratzer von Hongkong Island. Dante Lam zeigt Hongkong von seiner besten Seite, in all seinen verschiedenen Facetten. Brillant.

Ebenso gelungen ist die Besetzung der Hauptrollen mit Nick Cheung und Nicholas Tse. Man kennt sie nicht nur aus Beast Stalker, sondern auch aus zahlreichen anderen Hongkong-Filmen. Nick Cheung wird häufig von Johnnie To gecastet. Die Figur des Inspektors, die er in diesem Film verkörpert, ist sehr vielschichtig. Lee hat eine grausame Vergangenheit hinter sich, die in einem der Nebenplots aufgerollt wird. Es geht um seine Frau, die ihr Kind verloren hat und unter den Folgen noch immer zu leiden hat.

Lam geht es in seinem Film jedoch nicht nur um Action, Schießereien und halsbrecherische Verfolgungsjagden. Sie sind Stilmittel, aber auch Mittel zum Zweck. Lam zeigt, welche Dynamik und Moral dahinter steckt, wenn ein Bösewicht dazu eingesetzt wird, andere Bösewichte zur Strecke zu bringen. Und mit welchem Druck ein Informant dazu genutzt wird, seine eigenen Leute zu hintergehen, was ihn weniger zum Partner als zum Spielball macht. Auf der anderen Seite zeigt Lam, was mit jemandem passiert, der das Vertrauen bricht und das Leben anderer zu seinem Vorteil ausnutzt. Hier wird immer wieder das Schicksal des ersten Informanten aufgearbeitet, was den Film zuweilen arg sentimental und melodramatisch werden lässt.

Fazit: Typischer Genrefilm aus Hongkong mit großartigen Schauspielern und Schauplätzen, dem etwas weniger Sentimentalität und Melodramatik gut getan hätten. Dennoch ein Muss für alle Hongkong-Filmfans.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-stool-pigeon