Bad Teacher

Der erlöste Pädagoge

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Es gibt wohl kaum einen Beruf, der vom Kino dermaßen heroisiert wird wie der des Lehrers. Sie sind die edlen Ritter im wüsten Tal der Bildungsmisere; sind geduldige Arbeitstiere, Leuchttürme der Inspiration; sind Freunde und Vertraute. Dementsprechend lang ist die Liste der Filme, die den idealen Lehrer heraufbeschwören, angefangen von Klassikern wie To Sir, With Love (1967), Lean On Me (1989) über Dangerous Minds (1995), Der Club der toten Dichter 1989 bis hin zum Cannes-Gewinner Die Klasse (2008). Die Lehrerfigur im Kino ist zur gutmenschlichen Ikone erstarrt.
Wie wohltuend ist es da, dass Jake Kasdian sich mit Bad Teacher als Ikonoklast erweist und die perfekten Lehrer vom Perfektsein erlöst. Dabei bedient der Vorspann – kitschige Bilder von weltweiter Schüler-Lehrer-Harmonie – genüsslich das erwähnte Klischee. Ein Klischee, dem Elizabeth Halsey (Cameron Diaz) ganz und gar nicht entspricht. Sie hasst die Schule, die Schüler, deren Eltern und alles was dazu gehört. Und hätte sich ihr reicher Verlobter nicht in letzter Minute eines Besseren besonnen, dann hätte dieses Stiletto tragende Sinnbild des "material girl" nie wieder einen Fuß in eine Schule gesetzt. Doch so sitzt Miss Halsey in der Klasse, spielt den Schülern jeden Tag Filme vor, schläft dabei ihren Rausch aus und träumt von einer Brustvergrößerung und der Eroberung des neuen Vertretungslehrers Scott Delacort (Justin Timberlake).

Bad Teacher wäre sicherlich nicht der Rede wert, wenn es nicht ein Film aus dem Judd Apatow Universum wäre. Regisseur Kasdian hat mit Apatow schon bei mehreren Projekten zusammen gearbeitet. Er versteht es daher hervorragend, den anarchischen Geist einzufangen, der schon Filme wie Superbad oder Beim ersten Mal so beliebt und bekannt gemacht hat. Außenseiter und Loser bevölkern diese Filme, die sich gerne gegen konventionelle Rollenmuster richten. Deshalb darf auch jemand wie Elizabeth Halsey auf Schulkinder losgelassen werden und sich dabei zwischen Marihuana und Alkoholexzessen bewegen. Cameron Diaz spielt dies mit einer anbetungswürdigen Leck-mich-doch-Attitüde und beweist einmal mehr, dass sie nicht ins ernste, sondern ins komische Schauspielfach gehört.

Egal was sie macht, man ist auf ihrer Seite, man gönnt ihr jede noch so moralisch verachtenswerte Tat. Warum? Weil durch diese Figur das integre Verhalten der anderen vorgeführt wird. Der prüde Lacoste-Träger Delacort erweist sich als Inbegriff der Langeweile und die ewig korrekte Rivalin Amy Squirrel (Lucy Punch) als Soziopathin im Engelskostüm. Besonders entlarvend aber ist der Blick des Films auf die Schüler. Sie sind dumm, hoffnungslos überambitioniert und alles andere als unschuldig. Miss Halseys Lehrmethoden mögen pädagogisch noch so verachtenswert sein, aber sie schreit sicherlich vielen Lehrern aus dem Herzen, wenn sie sagt: "Always be honest with your students. If they suck, they should know."

Bad Teacher ist gespickt mit solchen Spitzen. Er gefällt als unterhaltsame Sommerkomödie genauso, wie als Satire auf die übertriebenen Erwartungen, die viele an den Schullehrer haben. Als schöner, amoralischer Beitrag zur hiesigen Bildungsdebatte taugt er auch noch. Und es ist gar nicht so schwer vorstellbar, dass Bad Teacher für viele Lehramtsstudenten den gleichen Kultstatus erreichen wird, wie Bad Santa für Weihnachtsmann-Darsteller.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/bad-teacher