Metropolis

Ein unsterblicher Klassiker des deutschen Films

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Eine Werkschau des deutschen Films ohne Fritz Langs Monumentalwerk Metropolis aus dem Jahre 1927 ist schlichtweg undenkbar. Und so ist es mehr als folgerichtig, dass sich dieser Klassiker auch in der "Edition deutscher Film" von Arthaus befindet. Zwar dürften wahre Fans des deutschen Kinos diesen Film längst auch auf DVD besitzen; wer aber seine Sammlung durch die "Edition deutscher Film" von Arthaus und dem KulturSpiegel ergänzen möchte, kommt allein schon aus Gründen der Vollständigkeit der Reihe nicht an dieser Neuauflage des Films vorbei.
Die bisweilen kitschig bis reaktionär anmutende Geschichte um eine Stadt der Zukunft, die in eine helle und reiche Oberwelt und eine verwahrloste Unterwelt aufgeteilt ist, hat bis heute nichts von ihrer (zumindest bildhaften) Wirkung verloren. Zumal sich Fritz Lang in seiner Dystopie auch als technischer Visionär erweist, der Menschmaschinen / Roboter ebenso bildlich umsetzte wie Bildtelefone und Einschienenbahnen - allesamt Erfindungen, die erst Jahre später in die Realität umgesetzt werden sollten. Es sind vor allem die aufwändig choreographierten Massenszenen, die ebenso an Tendenzen des Avantgardetheater der Zwanzigerjahre erinnern wie an spätere nationalsozialistische Inszenierungen der Verfügungsmasse Mensch, die immer noch faszinieren, während die damals innovativen Effekte wie Eugen Schüfftans Spiegeltrickverfahren oder die Stop-Motion-Tricks des urbanen Verkehrs nach mehr als 90 Jahren viel von ihrer Wirkkraft verloren haben. Trotzdem: Der Einfluss des Films auf nachfolgende Generationen von Regisseuren ist unübersehbar und hat etliche Nachahmer, Adepten und Bewunderer, aber auch Spötter und erbitterte Gegner auf den Plan gerufen. "Nimm zehn Tonnen Grausen, gieße ein Zehntel Sentimentalität darüber, koche es mit sozialem Empfinden auf und würze es mit Mystik nach Bedarf; verrühre das Ganze mit Mark (sieben Millionen) und du erhältst einen prima Kolossalfilm", ätzte die Satirezeitschrift Simplicissimus gegen Metropolis und traf damit den Tenor der zeitgenössischen Filmkritik punktgenau.

Mit der Distanz vieler Jahrzehnte fällt das Fazit aus heutiger Sicht sicherlich gnädiger aus. Zumindest dann, wen man es versteht, zwischen den kryptofaschistisch-naiven Ideen der damaligen Noch-Ehefrau Fritz Langs, der Drehbuchautorin Thea von Harbou und dem inszenatorischen Erfindungsreichtum Langs zu differenzieren. Das Geschick des Regisseurs brachte ihn Jahre später in ein ebenso verlockendes wie gefährliches Dilemma: Kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 soll der Filmfan und Lang-Bewunderer Joseph Goebbels nach Angaben des Regisseurs dem verehrten Genius die Leitung der Reichsfilmkammer und damit die quasi absolutistische Alleinherrschaft über die deutsche Filmindustrie angetragen haben. Angeblich, so Lang weiter, habe er sich Bedenkzeit erbeten, sei nach Hause gefahren und anschließend nach Frankreich emigriert. Zwar scheint manches an dieser Darstellung Legende oder zumindest nicht belegbar zu sein, Lang selbst aber hat in der Folgezeit vielfach bewiesen, dass er in kritischer Distanz und Opposition zum NS-Regime befand. Thea von Harbou blieb in Deutschland und wurde unter den Nazis zu einer der meistbeschäftigten Drehbuchautorinnen. Ihr Mann hingegen ging in die USA und brachte es dort zu ungleich größerem und dauerhafterem Ruhm – er wurde zu einer Legende Hollywoods.

Die ursprüngliche Langfassung des Films galt lange Zeit als verschollen, bis letztes Jahr in Buenos Aires per Zufall eine Filmrolle mit 30 Minuten herausgeschnittenem Material aufgefunden wurden. Diese Sequenzen werden derzeit restauriert, anlässlich des 60. Jahrestages der Berlinale wird die so rekonstruierte Originalfassung im Februar 2010 erstmals seit 83 Jahren wieder auf der Leinwand zu sehen sein. Ein Datum, dass man sich jetzt schon vormerken sollte.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/metropolis