Wickie auf großer Fahrt (3D)

Hey, hey Wickie – Die Zweite!

Eine Filmkritik von Sebastian Wotschke

Während heutzutage die Kinder von einer medialen Vielfältigkeit geradezu überflutet und einzelne Zeichentrickserien in dieser Schnelllebigkeit rasch vergessen werden, gab es eine Zeit vor dem Privatfernsehen, in der Serien wie Biene Maja oder Wickie und die starken Männer geboren wurden, die noch heute bei den längst erwachsen gewordenen Zuschauern fester Bestandteil ihrer Kindheitserinnerungen sind. Dass sich Michael "Bully" Herbig vor zwei Jahren der letztgenannten Serie aus den 1970er Jahren, die sich auch noch Jahrzehnte später großer Beliebtheit erfreute, annahm und daraus einen abendfüllenden Kinofilm inszenierte, war nach seinem missglückten Versuch eines computeranimierten Spielfilms (Lissi und der wilde Kaiser), eine gewinnbringende Idee. Knapp fünf Millionen Zuschauer allein in Deutschland, machten Wickie und die starken Männer zu dem Familienfilm-Hit des Sommers 2009, bei dem die jungen Zuschauer voll auf ihre Kosten kamen.
Auch wenn der Film sicherlich mit Herz und gehörigem Respekt vor der Originalserie, welche wiederum eine Adaption der Kinderbuchreihe von Runer Jonsson darstellt, versehen war, trübten der typische Bully-Klamauk-Humor und gewisse Gepflogenheiten jüngster deutscher Komödienproduktionen (wie beispielsweise die obligatorischen Cameos bekannter deutscher Comedians und Schauspieler) den Gesamteindruck doch zunehmend. Da Bully schon früh klarstellte, in Zukunft wieder vermehrt vor der Kamera zu agieren, wurde mit Christian Ditter (der sich mit der Vorstadtkrokodile-Reihe bestens auskennt im Kinderfilm-Metier) ein mehr als adäquater Ersatz gefunden, um die Negativpunkte des Vorgängers zu minimieren.

Der kleine Wickie (Jonas Hämmerle) hat es auch weiterhin nicht leicht in dem Dorf Flake. Nicht nur die Dorfbewohner, sondern auch sein Vater Halvar (Waldemar Kobus), halten ihn für einen Angsthasen, der niemals ein richtiger Wikinger werden wird. Doch als Halvar von dem schrecklichen Sven (Günther Kaufmann) entführt wird, kommt für Wickie nun endlich die Gelegenheit zu beweisen, dass er ein wahrer Draufgänger ist. Zusammen mit den "starken Männern" begibt er sich nicht nur auf die Reise, um seinen Vater zu befreien, sondern auch um den legendären Schatz der Götter zu finden, auf den es Sven abgesehen hat. Mit Hilfe des Schatzes, will er zu untervorstellbaren Kräften gelangen...

Obwohl Christian Ditter in einigen Punkten die Erfolgsformel des Vorgängers zu kopieren versucht, macht sich der Regisseur und auch Autorenwechsel doch bemerkbar. Humorige Szenen gibt es selbstverständlich auch in der Fortsetzung zuhauf, doch versucht Ditter glücklicherweise nicht den Bully-Humor zu imitieren, sondern verzichtet größtenteils auf allzu offensichtlichen Klamauk und Schenkelklopferhumor. So ganz davon losreißen kann er sich zwar, sicherlich auch in Hinblick auf die Zielgruppe, nicht, doch wirkt Wickie auf großer Fahrt insgesamt einfach stimmiger, was den komödiantischen Aspekt betrifft.

Die ganz jungen Zuschauer stellen natürlich wieder den Hauptkern der Zielgruppe dar, doch hat Ditter versucht, aus der Geschichte einen aufwendigen Abenteuerfilm zu machen, um auch jugendlichere Kinogänger in die Lichtspielhäuser zu locken. Und das ist ihm für eine deutsche Produktion auch durchaus gelungen. Die Effekte, Kulissen und Kostüme können sich wirklich sehen lassen. Anlehnungen an erwachsenere Genre-Verwandte wie Fluch der Karibik und, gerade zum Ende hin, Indiana Jones und der letzte Kreuzzug sind unübersehbar. Um auch völlig mit der Zeit zu gehen, hat man sich einer Technik bedient, die den großen Zuschauerandrang inzwischen aber schon wieder hinter sich gebracht hat: 3D. Auch wenn die große Revolution, die diverse sogenannte Filmexperten tatsächlich prophezeit haben, noch nicht eingetreten ist, sind Filme wie Wickie auf großer Fahrt tatsächlich genau die richtige Art Film für solch ein Gimmick, da gerade Kinder, besonders Spaß an dieser Attraktion haben. Notwendig um den Film zu goutieren, ist dies aber wie so oft nicht, sodass die 2D-Fassung auch völlig ausreicht.

Schauspielerisch können wir uns auf alte Bekannte freuen. Sowohl Wickie, die starken Männer, als auch Sven der Schreckliche, werden von denselben Darstellern verkörpert, die auch schon im Vorgänger herumalbern durften. Auch wenn Kinderstar Jonas Hämmerle inzwischen größer und seine Stimme tiefer geworden ist, ist es immer noch die reinste Freude ihn als jungen Wikinger agieren zu sehen. Für den bereits geplanten dritten Teil, mit ihm in der Hauptrolle, sollte man sich aber lieber nicht mehr allzu viel Zeit lassen. Die restlichen Darsteller, u.a. Waldemar Kobus als Wickies Vater, chargieren zuweilen wie Clowns auf einem Kindergeburtstag, Christoph Maria Herbst lässt vom gesamten Ensemble das höchste komödiantische Talent erkennen und Günther Kaufmann schafft es im zweiten Teil noch mehr von seinem diabolischen Schauspiel zu präsentieren. Neu im Cast ist die zwölfjährige Valeria Eisenbart, als taffe Kinderpiratin Svenja, die wie der Rest der Kinder, eine grundsolide Leistung abliefert.

Trotz des zusätzlichen 3D-Effektes bekommt der Zuschauer insgesamt genau das, was er schon vom ersten Teil kennt: Kurzweilige, aber charmante Unterhaltung für die ganze Familie. Lediglich auf den typischen Humor von "Bully" Herbig muss größtenteils verzichtet werden. Aber ob das nun positiv oder negativ ist, muss jeder selbst entscheiden. Ein ganz klares No-Go ist hingegen die Tatsache, dass der kultige Titelsong nur im Abspann und zudem in einer sehr befremdlichen Version gespielt wird...

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/wickie-auf-grosser-fahrt-3d