BR-Kurzfilmnacht "Fremde Heimat"

Mittwoch, 13. April 2011, Bayerisches Fernsehen, 23:40 Uhr

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Es sind die unterschiedlichsten Themen, zu denen das Bayerische Fernsehen regelmäßig eine Kurzfilmnacht veranstaltet, um dieses Genre, dem sich vorzugsweise junge Filmemacher widmen, dem Fernsehpublikum zu präsentieren. Unter dem Motto "Fremde Heimat" werden dieses Mal vier Filme vorgestellt, die bei den Hofer Filmtagen beziehungsweise beim Saarbrücker Festival Max Ophüls Preis uraufgeführt wurden. Zwischen 15 und 42 Minuten lang sind die ausgewählten Werke dieser Nacht, die sich mit den konfliktreichen Schicksalen von Menschen beschäftigen, die auf Grund ihrer Herkunft und ihres Lebensweges in äußerst extreme Grenzsituationen geraten.
Driton (Burak Yigit) und Niko (Darko Ninic) trifft es hart, als sie von Deutschland nach Serbien abgeschoben werden: Die beiden jungen Ashkali-Männer sprechen weder die Sprache ihrer neuen Umgebung, noch haben sie eine Ahnung davon, wie sie künftig ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Doch Zu Hause des serbischen Regisseurs Nenad Mikalački ist auch die Geschichte einer ungewöhnlichen Begegnung der jungen mit der alten Generation, die es auf originelle Weise versteht, in aussichtslos erscheinender Not Hoffnung aufblitzen zu lassen.

Gurbet stellt den mit 42 Minuten recht umfangreichen Beitrag von Deniz Sözbir dar, der sich bereits als Kameramann der Dokumentation Angelus Mortis von Sabine Ritzler über Hugo Höllenreiner, ein Folteropfer des bestialischen KZ-Arztes Josef Mengele, einen Namen gemacht hat. Für seinen Kurzfilm über einen in Deutschland aufgewachsenen Türken, der wegen mehrerer Straftaten in seine vermeintliche, fremde "Heimat" abgeschoben wird, konnte Deniz Sözbir mit Burak Yigit, Meret Becker, Hussi Kutlucan und weiteren populären Darstellern ein engagiert aufspielendes Ensemble gewinnen.

Um das widrige Schicksal eines afrikanischen Flüchtlings (Tyron Ricketts) mit ungeklärter Identität geht es in Das Rauschen des Meeres von Ana R. Fernandes und Torsten Truscheit. Mit der Weigerung, seinen Namen und seine Herkunft preiszugeben, harrt dieser Mann verloren in so genannter Abschiebehaft, bis sich zwischen ihm und einem Wärter ein verständnisvolles Verhältnis entwickelt. Der Flüchtling geht das Wagnis ein, diesem seine tragische Geschichte zu offenbaren, doch bald darauf wird führt die Entdeckung seiner Herkunft zur unbarmherzigen bürokratischen Dynamik...

Der vierte Kurzfilm mit dem Titel Wenn Bäume Puppen tragen von Ismail Sahin beschäftigt sich mit dem schwerlastigen Thema der Beschneidung von jungen Mädchen. Lebt sie auch mit ihren Eltern (Thelma Buabeng und David Wurawa) bereits eine geraume Weile in Deutschland, wird die siebenjährige Nabila (Chanel Addae) bei einer Reise in die afrikanische "Heimat" unvermittelt mit dieser grausamen Tradition konfrontiert, der sie sich nun unterziehen soll...

Jeder auf seine ganz eigene Art fokussieren diese vier teilweise mehrfach ausgezeichneten Kurzfilme Migrantenschicksale, deren Dimensionen in eindringlicher Form existenzielle Krisen und Verzweiflungen schildern, die bis ins Mark hinein erschüttern. Letztlich sind es die außergewöhnlichen menschlichen Begegnungen, die vage Hoffnung auf Erleichterung oder gar Erlösung andeuten, auch wenn der knallharte Realismus der jungen Filmemacher insgesamt nur wenig Raum für heilsame Wendungen lässt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/br-kurzfilmnacht-fremde-heimat