The Dark Knight Rises (2012)

Gut ist nicht gut genug

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Seit Bruce Wayne alias Batman (Christian Bale) den wahnsinnigen Joker und Harvey "Two-Face" Dent bezwang, sind Jahre vergangen. Körperlich und geistig schwer angeschlagen, lebt Wayne seitdem zurückgezogen, umsorgt von seinem treuen Butler Alfred (Michael Caine), auf seinem Anwesen. Erst als sich unter der Führung des mysteriösen Bane (Tom Hardy) im Untergrund eine neue Bedrohung formiert, schlüpft Wayne abermals in sein Kostüm, um sich Bane und seiner Armee gemeinsam mit seinen Mitstreitern Lucius Fox (Morgan Freeman), Commissioner Gordon (Gary Oldman) und der undurchschaubaren Selina Kyle (Anne Hathaway) in den Weg zu stellen.

Kaum ein Regisseur wird derzeit so heiß gehandelt wie Christopher Nolan. Kein Wunder, lieferte der britisch-amerikanische Regisseur und Autor doch durchweg hervorragende Arbeiten ab: Nach einem bemerkenswerten Debüt (The Following) bot er mit Memento einen der Kultfilme der letzten 20 Jahre. Er zeigte sich versiert im Krimigenre (Insomnia) und landete mit Prestige, der Verfilmung des Romans von Christopher Priest und 2010 mit dem herausfordernden Science-Fiction-Werk Inception, zwei weitere Hits. 2005 erfand er Batman neu. Mit seinen Filmen hat er dem düsteren Comic-Helden eine Frischzellenkur verpasst und damit dem Franchise neuen Schwung gegeben. Batman Begins, der erste Teil der Reihe, ist vor allem deswegen herausragend, weil er den Superhelden auf festen Boden stellt und das Genre damit erdet. Die Fortsetzung, das Meisterwerk The Dark Knight, offenbart ungeahnte Tiefe und ist durch Heath Ledgers geniale Verkörperung des Jokers zum modernen Klassiker geworden. Was bietet Teil drei? Ähnliches wie die Vorgänger – allerdings von allem zu viel.

Nolans Kino ist intelligentes Kino, das neue Wege des Erzählens erkundet und sich immer wieder über Genrekonventionen hinwegsetzt. Er schafft es trotzdem, die Wünsche der großen Masse zu bedienen. Materiellen Sensationen und Pathos ist Nolan nicht abgeneigt. In The Dark Knight Rises stehen diese Elemente allerdings in einem seltsamen Missverhältnis. In jedem Dialog und jeder noch so kleinen Geste kommt zum Ausdruck, dass Nolan sein zweites Sequel als mehr verstanden wissen will als eine Comic-Verfilmung. Was in den Vorgängern aufgrund deren Stärken noch nicht weiter ins Gewicht fiel, nimmt nun geschwätzige und mitunter penetrante Formen an. "Show, don’t tell!", den wahrscheinlich wichtigsten Satz beim Filmemachen, beherzigt Nolan selten und lässt seine Figuren pausenlos bedeutungsschwangere Sätze von sich geben.

Der vermeintlichen Bedeutung entspricht auf der inhaltlichen Ebene aber wenig. Denn schon in den ersten beiden Filmen wurde (über)deutlich: Gotham ist das Spiegelbild einer einzelnen Person – Bruce Wayne / Batman. Diese psychologisch interessante Metapher hat sich mittlerweile allerdings merklich abgenutzt. Was hat The Dark Knight Rises dem Zuschauer zur Frage nach Identität, Selbstbestimmung und Verantwortung zu bieten? Was erfahren wir Neues über die diffuse Grenze zwischen Gut und Böse, zwischen Ordnung und Chaos, das wir nicht schon aus den ersten Teilen kennen?

Neben dieser grundsätzlichen Kritik lassen sich weitere Dinge nennen, die dem Film schaden: Gute Ideen sind zweifellos vorhanden, aber von allem enthält der Film zu viel. Das fängt bei den Figuren an, die so zahlreich sind, dass einfach nicht genug Zeit ist, jedem genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Wichtige Charaktere kommen gerne mal 20 Minuten nicht ins Bild, tauchen dann aber wieder unvermittelt auf. Besonders schade ist das im Fall von Joseph Gordon-Levitt, der in seinen wenigen Momenten als engagierter Polizist John Blake den Film mit viel Energie vorantreibt. Sehr atmosphärisch, aber leider auch penetrant fällt der Score von Hans Zimmer aus. Gemessen an den – vielleicht zu hohen? – Erwartungen, ist The Dark Knight Rises deswegen eine Enttäuschung. Denn gut ist manchmal einfach nicht gut genug.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-dark-knight-rises-2012