Perry Rhodan - Unser Mann im All

Auf den Spuren von Deutschlands bekanntestem Astronauten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Juri Gagarin, Neil Armstrong, Major Tom oder Captain Kirk – Wer ist der bekannteste Astronaut in Deutschland? Würde man eine bundesweit repräsentative Umfrage durchführen, würde vermutlich keiner der vier genannten Herren den ersten Platz belegen. Der gebührt vielmehr dem Science-Fiction-Helden Perry Rhodan, dessen Abenteuer in den unendlichen Weiten des Weltraums seit 1961 ununterbrochen in Heftform erscheinen. Und die sind mit mehr als einer Milliarde verkaufter Exemplare einer der wirklichen Bestseller im Land der Dichter und Denker. 80.000 Menschen pilgern Woche für Woche an den Kiosk, um sich dort mit den neuesten Abenteuer Rhodans einzudecken und in die fremden Galaxien einzutauchen. Zum 50-jährigen Jubiläum des deutschen Weltraum-Helden mit den amerikanischen Wurzeln verfolgt der Filmemacher André Schäfer die Spuren Perry Rhodans und zeichnet anhand der Entwicklungen auch bundesdeutsche Zeitgeschichte nach. Denn wie ein Seismograph registrierte das Groschenhefte gesellschaftliche und politische Veränderungen in Deutschland, übersetzte diese in ein anderes Setting und wurde so zu einer Ikone der Pop- und Trivialkultur, die es zu entdecken lohnt.
Groß ist die Gefahr, dass ein Dokumentarfilm wie dieser, dessen eigentlicher Protagonist zudem ein reines Fantasieprodukt ist, in eine Aneinanderreihung von "talking heads" zerfällt. Regisseur André Schäfer (Lenin kam nur bis Lüdenscheid) umschifft diese Falle durch den Einsatz von Archivmaterial und durch ungewöhnliche Settings, in denen er seine Interviewpartner Auskunft erteilen lässt. So findet ein Gespräch mit den Risszeichnern der Serie etwa auf einem Flugzeugfriedhof im fernen Kalifornien statt, andere Begegnungen sind im Hochgebirge oder auf einem Rummelplatz angesiedelt.

Zudem kommen neben Fans (aller Altersschichten) zahlreiche der Autoren zu Wort, außerdem der Schauspieler Josef Tratnik, der seit vielen Jahren dem Astronauten bei Hörspielfassungen seine Stimme leiht. Auch Karl-Herbert Scheer, der Erfinder der Romanreihe und der Zukunftsforscher Robert Jungk, der den Heftchen-Helden in einem Fernsehbeitrag aus dem Jahre 1969 zu einer Art "Ersatz-Hitler" erklärte, was bei den Fans Rhodans natürlich für helle Empörung sorgte.

Mitunter wirken die Übergänge und Parallelen, die der Film bemüht, ein wenig konstruiert und manche der Befragten sind wahrlich das, was man heute Nerds nennt oder zumindest Hardcore-Fans. Und an genau jene richtet sich auch der Film selbst, der für alle Perry-Süchtigen zum Pflichtprogramm gehören dürfte. Endlich einmal all die Gesichter zu sehen, die für den Erfolg der Serie verantwortlich sind und deren Motivationen und Haltungen nachzuvollziehen. Ob Kinobesucher, die mit dem Paralleluniversum von Perry Rhodan weniger vertraut sind, am Ende die Faszination verstehen, die von der Heft-Serie seit 50 Jahren ausgeht, ist ungewiss – unterhaltsam und kurzweilig ist der Dokumentarfilm aber auf jeden Fall.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/perry-rhodan-unser-mann-im-all