Ziemlich beste Freunde (2011)

Eine ungewöhnliche Freundschaft

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Es gibt Filme, die öffnen das Herz. Sie berühren mit ihren ungewöhnlichen Geschichten und Figuren, die während der Handlung über sich hinaus wachsen und zu besseren Menschen werden. Einer dieser Filme ist die französische Tragikomödie "Intouchables" mit dem etwas holprigen deutschen Titel "Ziemlich beste Freunde". Das Regie-Duo Eric Toledano und Olivier Nakache erzählt die Geschichte von der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen einem querschnittsgelähmten Aristokraten und einem großmäuligen Sozialhilfeempfänger.

Quer durch alle sozialen Schichten und Milieus hinweg finden der ältere, steinreiche Philippe (François Cluzet) und der viel jüngere, eben aus dem Gefängnis entlassene Driss (Omar Sy) zueinander. Philippe hat alles, was man sich in einem gut situierten Leben vorstellen kann – mit einem großen Makel: Er ist vom Hals abwärts gelähmt. Allein essen, telefonieren, schreiben, spazieren, Auto fahren? Fehlanzeige. Ohne fremde Hilfe geht gar nichts. Philippe braucht nicht nur eine Krankenschwester, eine Sekretärin und Köche um sich herum. Er braucht jemanden, der sich rund um die Uhr um ihn kümmert. Ein anspruchsvoller Job, der gerade mal wieder neu zu vergeben ist.

Unter den Bewerbern ist auch Driss, der sich nicht wirklich für die Stelle interessiert, sondern nur einen Stempel für seine Arbeitslosenunterstützung einkassieren will. Auf den ersten Blick eignet sich das charmante Großmaul aus der Vorstadt auch überhaupt nicht für die Stelle als Pfleger. Doch es ist gerade diese freche Art, die Philippe gefällt. Er wird neugierig auf den farbigen, großschnäuzigen jungen Mann aus dem Unterschichtenmilieu. Also stellt er ihn ein, zunächst auf Probe und gegen den Willen von Driss. Doch was bleibt Driss anderes übrig, als zuzusagen. Seine Arbeitsstelle ist im besten Stadtteil von Paris, er bewohnt ein mondänes Zimmer mit Bad und darf mit dem Maserati seines Arbeitgebers durch die Gegend düsen.

Natürlich eckt Driss erst mal an, ist die persona non grata unter den Angestellten. Im Crash-Kurs lernt er die wichtigsten Handgriffe: Philippe zu duschen, zu füttern, ihm Stützstrümpfe anzuziehen. Eine harte Schule. Driss weigert sich, die Dinge so zu erledigen, wie sie von ihm verlangt werden. Er macht es auf seine Art und gerade diese lebendige Art imponiert Philippe. Driss bekommt dabei nicht nur Einblicke in das Leben der Upper Class, auch Philippe taucht ein in den Lebensstil von Driss. Philippe lernt Joints zu rauchen, richtige Partys zu feiern und eine Frau zu erobern. Aus einer anfänglichen gegenseitigen Abneigung wird nach und nach eine intensive Freundschaft.

Es macht Spaß den beiden zuzuschauen, wie sie alle Konventionen über den Haufen werfen und wieder Vergnügen am Leben finden. Dass der Film so unterhaltsam ist, kann man den brillanten Schauspielern verdanken. François Cluzet (Kleine wahre Lügen, So ist Paris), ist kein unbekanntes Gesicht auf der Leinwand. Er zählt zu den bekanntesten Schauspielern Frankreichs und hat bereits mit Claude Chabrol, Bertrand Tavernier und Robert Altman zusammen gearbeitet. Omar Sy begann seine Laufbahn als Schauspieler im Fernsehen, wo er regelmäßig zu sehen ist. Sein Kinodebüt hatte er 2001 in Stirb nicht zu langsam.

Die Geschichte ist sehr ungewöhnlich, aber sie fühlt sich an keiner Stelle unnatürlich an. Diese Begegnung hat es wirklich gegeben. Auslöser für den Film war ein Dokumentarfilm über Philippe und Driss, der die beiden Regisseure so beeindruckt hat, dass sie den Stoff unbedingt verfilmen wollten. Daraus wurde schnell ein Herzensprojekt – und letztendlich ein gelungener Film mit einer starken Handlung, viel Humor und einem hohen Unterhaltungswert. In Frankreich geriet der Film zu einem der Publikumslieblinge des Jahres, der allein in der ersten Woche 2,2 Mio. Zuschauer in die Kinos lockte und sich anschließend sogar noch steigern konnte.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/ziemlich-beste-freunde-2011