Vincent, François, Paul und die anderen

Montag, 31. Oktober 2011, hr-Fernsehen, 23:30 Uhr

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Dieser französische Film aus dem Jahre 1974 von Claude Sautet versammelt ein fulminantes Ensemble markanter Männercharaktere, um basierend auf dem Roman La Grande Marrade von Claude Néron die Geschichte einer eingeschworenen Clique von alten Freunden mittleren Alters zu erzählen, die langsam aber sicher in den Zustand einer handfesten Lebenskrise gerät.
Das Landhaus von Paul (Serge Reggiani), einem mäßig ambitionierten Schriftsteller und Journalisten, ist an den Wochenenden seit Jahren der regelmäßige Treffpunkt für die Zusammenkunft befreundeter Familien, die hier gemeinsam essen, trinken und über sich selbst sowie die Belange des Lebens plaudern. Mit von der Partie sind Vincent (Yves Montand), dessen Betrieb gerade in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten steckt, François, der als Arzt seine hehren Ziele von einst aus den Augen verloren hat, die Ehefrauen und Kinder sowie neuerdings der junge Boxer Jean (Gérard Depardieu), der sich im Dunstkreis der Freunde herumtreibt. Das einstmals harmonische Treffen hat spürbar Brüche bekommen, zumal es um Vincents Ehe nicht gerade rosig bestellt ist und auch die anderen Männer in der Mitte ihrer Existenz zunehmend damit konfrontiert werden, dass ihr idealisiertes Selbstbild kräftig zu bröckeln beginnt ...

Vincent, François, Paul und die anderen wird vom ganz wunderbar präsentierten Ambiente der frühen 1970er Jahre getragen, deren kruder Charme sich im Detail wie in der vorherrschenden Stimmung der kleinbürgerlichen Gesellschaft treffend niederschlägt. Enttäuschungen, Desillusionierungen und aufsteigende Zukunftsängste münden in die bittere Bilanz von einst strahlenden Lebensentwürfen, deren Scheitern sich offensichtlich unmerklich ereignet hat und nun mit pochender Brisanz an die Oberfläche drängt. Wie hilfreich und hoffnungsspendend sich da die stabile Basis der Freundschaften und ihrer Rituale erweist, stellt sicherlich die zentrale Botschaft dieses gleichermaßen mit Leichtigkeit inszenierten wie hintergründigen französischen Films dar, der seine Figuren trotz all ihrer Defizite ungemein sympathisch und allzu menschlich stolpern lässt. Dass es im Grunde die Stärke der Frauen ist, aus denen die immer wieder strauchelnden Männer ihre Kräfte beziehen, transportiert dieser Film auf eher unspektakuläre Weise – ebenso, wie dieser letztlich unübersehbare Umstand von den Protagonisten selbst wahrgenommen wird.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/vincent-francois-paul-und-die-anderen