In the Land of Blood and Honey

Der Feind im Bett

Eine Filmkritik von Festivalkritik Berlinale 2012 von Beatrice Behn

Der Titel des Regiedebüt der ansonsten als Schauspielerin und humanitärer Aktivistin bekannten Angelina Jolie ist ein intelligentes Wortspiel. Das türkische Wort für Honig, das türkische Wort für Blut: bal und kan. Und auch sonst ist Jolies Film von dieser Dichotomie bestimmt, von süßer Schönheit einerseits, von Blut und Tod andererseits. Jolies Film erzählt die Geschichte der muslimischen Ajla (Zana Marjanovic)und des serbischen Offiziers Danjiel (Goran Kostic), die sich vier Monate vor dem blutigen Balkankrieg kennen und lieben lernen. Doch schon ihr erstes Date endet mit einem Bombenanschlag und Blutbad, dem beide entkommen, nur um sich danach auf Feindesseite wiederzufinden.
Während des Krieges wird Danjiel zu einer, wenn auch wiederstrebenden Schlüsselfigur der ethnischen Säuberungen der Serben an den Muslimen, unter denen auch Ajla leidet. Als sie mit einigen anderen Frauen gefangen genommen wird, um als Putzsklavin und Lustobjekt den serbischen Truppen zur Verfügung zu stehen, schützt Danjiel sie und beginnt eine geheime Affäre mit der Feindin, die das Leben beider aufs Spiel setzt und zu vielen Verwirrungen auf moralischer Ebene führt, denn tagsüber vernichtet er das Volk der Frau, mit der er nachts das Bett teilt.

Man kann nicht sagen, das Jolie ihr Regiedebüt nicht ernst nimmt. In the Land of Blood and Honey zeigt sich als überaus ernster Versuch ihre humanistische Position in die Sprache des Films zu übersetzen. Dabei fährt die Regisseurin zweigleisig. Einerseits zeigt sie die Schrecken und Sinnlosigkeiten des Krieges, andererseits gibt sie ein vehementes Plädoyer für Menschlichkeit, dass sie vor allem mit der zerrissenen Figur Danjiels zu verkörpern versucht. Dabei bleibt es aber. Über einen gut gemeinten und angestrengten Versuch geht der Film nicht hinaus. Eine solche Balance, die Jolie hier anstrebt, nämlich bei allem Grauen, den differenzierten Menschen hinter dem Monster zu sehen - dafür ist Jolies Protagonist nicht differenziert genug dargestellt. Als einzige Motivation für seine Beteiligung an den Greueltaten, stellt sie ihm einen faschistisch-wahnsinnigen Vater zur Verfügung und portraitiert ihn als sensiblen Charakter, der sich nicht erwehren kann. Das Ganze ist allerdings eine recht dünne Rechtfertigungsgrundlage und löst bei Weitem nicht die Bandbreite an Gefühlen aus, wie beispielsweise Ralph Fiennes infamer Charakter des KZ-Kommandanten Amon Göth in Schindlers Liste es vermochte.

Überhaupt verliert sich der Film irgendwann in den hochgradig stilisierten Bilder und den massiven und oft gezeigten Gewaltakten gegen die die relativ dünne Geschichte nicht ankommt. Die Greueltaten, mit denen Jolie, so scheint es zumindest, ein dringendes Plädoyer für Menschenrechte an das Publikum richten will, haben, im Gegensatz zu anderen Kriegsfilmen, einen starken Fokus auf das Leid der Frauen, die schon allein aufgrund ihres Geschlechts zu Opfern werden, noch bevor sie für ihre Herkunft oder Glaubenszugehörigkeit ausradiert werden. Ob ihre Botschaft allerdings bei allen Zuschauern ankommt, hängt eindeutig vom Einzelnen ab und davon, wie viel und wie lang er sich diese brutalen Bilder überhaupt antun kann. Zimperlich sollte man beim Besuch von In the Land of Blood and Honey auf jeden Fall nicht sein.

(Festivalkritik Berlinale 2012 von Beatrice Behn)

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/in-the-land-of-blood-and-honey