Denk wie ein Mann

Binsenweisheiten und Klischees

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Guter Rat ist teuer – oder auch nicht. Glauben wir dem Marketing für den Beziehungsratgeber Frag einen Mann: Wenn du mit Männern glücklich werden willst, dann reicht die Lektüre des Buches von Steve Harvey vollkommen aus, um der Frau von heute alle relevanten Informationen über den Umgang mit dem anderen Geschlecht zu vermitteln. Denk wie ein Mann ist die filmische Umsetzung dieses amerikanischen Beststellers, die kein Klischee und keinen Stereotyp unangetastet lässt.
In der Männerclique von Dominic (Michael Ealy), Jeremy (Jerry Ferrara), Cedric (Kevin Hart), Michael (Terrence Jenkins) und Zeke (Romany Malco) geht es immer nur um das Eine: Frauen. Cedric, der kurz vor der Scheidung von seiner Noch-Ehefrau steht, feiert die wiedererlangte Freiheit, während sich die anderen täglich auf die Jagd nach neuen Eroberungen machen. Wie der Zufall es so will, geraten alle von der Clique erwählten Herzensdamen an den selben, obig genannten Ratgeber, den sie begeistert anwenden, um die werbenden Jungs auf die Probe zu stellen. Als die Männer von dieser Informationsquelle erfahren, fühlen sie sich vom Verfasser Steve Harvey betrogen. Wie kommt er nur dazu, all diese gut gehüteten männlichen Geheimnisse auszuplaudern? Kurzerhand drehen sie den Spieß um und schlagen – oder besser gesagt erobern – die Frauen mit ihren eigenen Waffen.

Die Geschichte von Denk wie ein Mann wird hauptsächlich aus der Sicht der Männer erzählt - ein sehr fragwürdiges Konzept, wenn man bedenkt, dass es sich bei der literarischen Vorlage um einen Ratgeber für Frauen handelt. So wirkt gleich der Ansatz dieser filmischen Umsetzung suspekt und wirft die Frage auf, welches Zielpublikum hier anvisiert wird. Für eine "Männerkomödie" im Stil von Hangover ist Denk wie ein Mann eindeutig nicht derb genug. Für eine auf Frauen ausgerichtete romantische Komödie fehlt jedoch eine gefühlsbetonte weibliche Perspektive. Die Umsetzung krankt bereits an ihrem Ausgangspunkt.

Bei den Figuren, egal ob männlich oder weiblich, handelt es sich um stark konstruierte Typen, die den Persönlichkeitsprofilen des Ratgebers entsprechen: das Muttersöhnchen, der Player und der Träumer treffen auf die alleinerziehende Mutter, die erfolgreiche Geschäftsfrau und so weiter. Über diese Stereotypen gehen die Charakterentwicklungen der Drehbuchautoren Keith Merryman und David A. Newman bedauerlicherweise nicht hinaus. Was in einem Ratgeber aufgrund des Unterhaltungsfaktors funktionieren mag und die Möglichkeit zur Identifikation mit bestimmten Rollenmustern birgt, führt in der Verfilmung des Stoffes nur dazu, dass die Figuren auf der Leinwand eindimensional und damit vollkommen uninteressant bleiben. Weder die Männer noch die Frauen wirken wie reale Menschen, sondern stellen eindeutig die Persönlichkeitsschablonen Steve Harveys dar. Der darf in Denk wie ein Mann sogar als er selbst auftreten und immer wieder seine Weisheiten vom richtigen Umgang mit dem Mann von heute in die Kamera verkünden.

Da die Protagonisten allesamt weitgehend uninteressant sind, kann auch die Geschichte nicht wirklich fesseln. Die dargestellten Klischees sind jenseits von originell und die verschiedenen kleinen Liebesgeschichten erinnern jeweils an mindestens ein dutzend bereits existierende Filme. Denk wie ein Mann ist nicht ansatzweise eine solche Offenbarung, wie Steve Harveys Bestseller es zu sein vorgibt. So kann auch das Ende nicht überzeugen, eine voraussehbare Versöhnung reiht sich an die nächste, bis der peinliche Happy-End-Reigen kaum noch zu ertragen ist.

Denk wie ein Mann kann weder mit Witz, noch Charme oder einem originellen Konzept aufwarten und verarbeitet zum hundertsten Mal die Klischees festgefahrener Geschlechterbilder, die überwunden statt zementiert werden sollten. Das ist nicht nur enttäuschend, sondern schlichtweg ärgerlich.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/denk-wie-ein-mann