Pension Freiheit

Viele Bananen und ein Todesfall

Eine Filmkritik von Lena Kettner

Wie vom Schlag getroffen ist Kommissar Walter Degenhardt, als er den Kopf einer Leiche unter dem weißen Leintuch sieht. Da liegt sie, die Geliebte Patrizia, mit der er seit einigen Wochen immer wieder seinem eingerosteten Eheleben entflohen ist. Zeit zu trauen bleibt ihm jedoch keine, denn er glaubt nicht an einen natürlichen Tod Patrizias und macht sich auf die Suche nach ihrem vermeintlichen Mörder.
Mit Pension Freiheit hat Regisseur Markus Kleinhans zum wiederholten Male eine der Mordsgeschichten aus Bad Tölz und dem Isarwinkel verfilmt - eine Sammlung außergewöhnlicher Kriminalfälle aus den 1980er Jahren von Christoph Schnitzer und Maximilian Czysz. Auch dieser Film ist ein Herzensprojekt einer Gruppe passionierter Laienfilmemacher aus Bad Tölz und Umgebung, die hauptberuflich als Verwaltungsangestellte, Mitarbeiter im Marketing oder als EDV-Spezialisten arbeiten. 2006 landete Kleinhans mit seinem ursprünglich als Amateurprojekt geplanten Debüt Tödliche Verbindungen einen Überraschungserfolg. Mit immerhin 10 Kopien war der Film in verschiedenen bayerischen Kinos zu sehen und schaffte es auf Anhieb ins Bayerische Fernsehen.

Detailverliebt rekonstruiert Markus Kleinhans in Pension Freiheit den Kleinstadtmief der 80er Jahre: den ersten, klobigen Personal-Computer im Polizeirevier, den Kopf des König Ludwig als Wandschmuck über der Rezeption des Hotels, die unförmigen Pullover der weiblichen und die durch Pomade in Form gebrachte Haarpracht der männlichen Bevölkerung. In dieser schmucklosen Umgebung ist lediglich das rote Cabriolet von Kommissar Rio Hartmann, mit dem er die Damen der Stadt zu einem seiner nächtlichen Kontrollgänge der besonderen Art mitnimmt, ein Hingucker.

Zwei Kommissare in der Midlife-Crisis, ein voyeuristischer Rauhaardackel und Bananen essende, als Beamte des Bundesnachrichtendienstes getarnte, Stasi-Mitarbeiter - an skurrilen Charakteren mangelt es in diesem Film nicht, ebenso wenig wie an einem kuriosen Plot. Ausgerechnet in der Pension Freiheit explodiert im Bad Tölz des Jahres 1988 eine Briefbombe, nachdem Kommissar Walter Degenhardt von einem Ausflug mit seiner Geliebten Patrizia zurückgekehrt ist. Nach dem Tod Patrizias machen Degenhardt und sein Kollege Rio Hartmann statt ihrem Mörder eine DDR-Schleuserbande, zwei Stasi-Beamte und die auf einer Alm versteckte Ost-Verwandtschaft Degenhardts ausfindig, die es im Auto der betreffenden Schleuserbande bis ins tiefste Bayern geschafft hat. Und finden heraus, dass der blonde Engel Patrizia in Wahrheit eine Agentin gewesen ist und sich um die Pension Freiheit kümmern sollte.

Dass diese Kriminalkomödie mit jeder Menge Sprengstoff für verrückte Regieeinfälle reichlich bieder daherkommt, liegt nicht zuletzt an einem Drehbuch, das alle gängigen Klischees über Bayern und Ostdeutsche durchexerziert. Der Bad Tölzer Polizist isst Wurstbrote, der Lulatsch von der Stasi Bananen und der Briefträger gönnt sich noch schnell einen Schnaps, bevor er völlig ahnungslos das Paket mit der Briefbombe an der Hotelrezeption abgibt. Da hilft es auch nicht, dass Marcus H. Rosenmüller bei Pension Freiheit als Gast einen Tag Regie führte und einige professionelle Schauspieler wie Jürgen Tonkel oder Katharina Abt in kleinen Nebenrollen zu sehen sind.

Nur in einigen Szenen blitzt er durch, dieser hintergründige Humor, der den Film davor bewahrt, zur reinen Klamotte zu werden. Wenn Degenhardts Rauhaardackel zu seinem Frauchen aufsieht, das gerade zu Hause mit einem Handwerker zu Gange ist, und dann verdutzt sein Herrchen beim Betreten des betreffenden Raums betrachtet, drückt der Regisseur damit mehr aus, als durch die holprig klingenden Dialoge an vielen anderen Stellen seines Films.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/pension-freiheit