Asterix und Obelix: Im Auftrag Ihrer Majestät (2012)

Es ist, ist es nicht?

Eine Filmkritik von Florian Koch

Asterix und Obelix sind vielleicht die zwei berühmtesten "Typen, die mit einem Hund zusammenleben". Über diese skurrile Tatsache hat sich filmisch bisher noch niemand ernsthaft Gedanken gemacht. Bis jetzt. In der vierten Realverfilmung der genialen Comic-Reihe weht dank einem – bis auf Gérard Depardieu als Obelix – neuen Team vor und hinter der Kamera ein deutlich frischerer und frecherer Wind. Laurent Tirard, der bereits mit der nostalgischen René-Goscinny-Adaption Der kleine Nick Erfolge feierte, wurde von Rechte-Inhaberin Anne Goscinny persönlich vorgeschlagen, und durfte seine eigenen Ideen in das Projekt mit einbauen. Seine politisch-gesellschaftlichen Anspielungen und die Fokussierung auf das Verhältnis der beiden Gallier-Kumpels sind es dann auch, die den Mix aus den Bändern Asterix bei den Briten und Asterix und die Normannen spannend macht.

Julias Cäsar (Fabrice Luchini), seines Zeichens römischer Feldherr, kann vom Erobern nicht genug kommen – auch wenn ihm immer wieder kleine Dörfer erfolgreich Widerstand leisten. So ergeht es ihm auch in Britannien, nur fehlt dort ein Zaubertrank, um die feindliche Attacke auch dauerhaft abwehren zu können. So schickt die britische Königin (Catherine Deneuve) ihren treuen Untergebenen Teefax (Guillaume Gallienne) nach Gallien, um Hilfe im Kampf gegen die römische Übermacht zu holen. Wie sollte es anders sein, bekommen Asterix (Edouard Baer) und Obelix (Gérard Depardieu) den Auftrag, Teefax zu unterstützen, und gleich noch ein Fass Zaubertrank mitzubringen. Nur haben die beiden Freunde bereits ein ganz anderes Problem an der Backe. Grautvornix (Vincent Lacoste), der eingebildete Neffe ihres Gallier-Häuptlings, spricht Asterix und Obelix doch tatsächlich das Verständnis darüber ab, was es heißt, ein Mann zu sein, und begleitet die beiden auch noch gegen ihren Willen mit nach Britannien. Aber es kommt noch schlimmer. Die Römer haben sich in der Zwischenzeit mit den Normannen, ein Volk, das keine Angst kennt, verbündet. Und die entführen gleich den jungen Grautvornix, während auch noch das Fass mit dem Zaubertrank abhanden kommt.

Asterix bei den olympischen Spielen, die letzte Real-Verfilmung der liebenswürdigen Gallier-Geschichten, kam bei Fans und Kritikern denkbar schlecht weg. Zu viel Klamauk, überflüssige Gastauftritte von Sportlern wie Zinedine Zidane oder Michael Schumacher, die deutliche Entfernung von der Vorlage und schwache Darsteller in den Nebenrollen waren die Hauptkritikpunkte. Die Fehler sollten sich bei Asterix und Obelix: Im Auftrag ihrer Majestät nicht mehr wiederholen – zu viel Geld (das Budget betrug 61 Millionen Euro) stand auf dem Spiel. Der neue Regisseur Laurent Tirard bekräftigte bereits im Vorfeld der Dreharbeiten den Umschwung, in dem er stets betonte, den Fokus auf die beiden gegensätzlichen Hauptfiguren zu legen. Und tatsächlich tut es dem Film gut, die Freundschaft von Asterix und Obelix mal ein wenig zu hinterfragen.

Die alte Grönemeyer-Frage: "Wann ist ein Mann ein Mann?" wird geschickt durch die Einführung der Grautvornix-Figur aus Asterix bei den Normannen aufgeworfen. Der flapsige Tunichtgut hält vom Römer verdreschen und Wildschweine jagen nämlich herzlich wenig, und bringt mit seinen Ansichten besonders Asterix zum Grübeln. Obelix’ bester Freund versucht sich in Britannien dann gleich des Öfteren bei der Frauen-Anmache – mit erbärmlichen Resultaten. Ganz anders der korpulente Kindskopf, der bereits als kleiner Junge in den Zaubertrank gefallen ist. Obelix verliebt sich auf der Reise prompt in die Gouvernante Miss Macintosh (Valérie Lemercier), und ihre vorsichtigen Anbandelungs-Szenen - wenn man das Wort "vorsichtig" bei Obelix überhaupt verwenden kann - zählen zu den lustigsten des ganzen Films.

Ähnlich wie in Der kleine Nick geht es Tirard darum, auch die Figuren und damit die Darsteller in den Nebenrollen glänzen zu lassen. Herrlich Catherine Deneuve, die in ihren wenigen Auftritten großes komödiantisches Talent beweist, etwa, wenn sie versucht, die Contenance zu wahren, auch wenn gerade ein Wurfgeschoss ihre drei Yorkshire-Terrier unter sich begraben hat. Köstlich blasiert als Julius Cäsar ist auch Potiche-Co-Star Fabrice Luchini. Der legt sich nicht nur auf die Couch, sondern streut auch mal eine "Darth Vader"-Anspielung ein. Seine amüsanteste Szene hat er aber mit Asterix, dem er doch an den Kopf wirft, dass es irgendwann einmal heißen wird: "2000 Jahre nach J.C." Womit Cäsar ja nicht ganz Unrecht hat. Und auch die in Deutschland unbekannteren Schauspieler schlagen sich glänzend. Besonders Guillaume Gallienne, ein Star der Comédie-Française, glänzt in der Rolle des steifen Briten Teefax, und bleibt dabei auch verbal ganz nah bei Goscinnys herrlichen Sprachverdreher-Spielchen: "Lasst uns schütteln die Hände". Nur Dany Boon (Willkommen bei den Sch`tis) fällt als debiler Normanne mit etwas zuviel Slapstick ein wenig aus der Reihe.

Optisch auffällig an Asterix und Obelix: Im Auftrag ihrer Majestät ist die betont bunte Bildsprache und die detaillierte Ausstattung, mit der Tirard das 'ewige' Britannien im Film haben wollte: mit den Gärten, den Punks, den roten Telefonzellen, den schottischen Karomustern. Warum die Komödie trotz aller Nähe zu den beiden Vorlagen, der großen Chemie zwischen Gérard Depardieu und Edouard Baer, der einem deutlich ernsthafteren Asterix endlich mehr Profil verleiht als seine Vorgänger und seinen gelungenen Anspielungen (die Ludovico-Technik aus Clockwork Orange) nicht ganz zündet, liegt an Tirards mangelndem Gespür für Tempo und Timing. Viele Dialog-Passagen wirken etwas in die Länge gezogen, hätten eine Straffung benötigt. Auch mit den auffallend wenigen Actionszenen kann Tirard kaum etwas anfangen, die klassischen Römer-Verprügelungen wirken wie eine lästige Pflichtveranstaltung. Und auch der für Blockbuster fast schon obligatorische Griff in die 3D-Trickkiste ist nicht mehr als ein netter Gimmick.

Punkten kann Tirard aber auf der gesellschafts-politischen Ebene, auch wenn an manchen Stellen die Verweise etwas vordergründig geraten sind. Aber die Römer mit den US-Amerikanern zu vergleichen, die laut Tirard, "dazu neigen, in Länder einzumarschieren, angeblich, weil es zu deren eigenem Besten ist", das hat schon seinen Reiz. Frech sind auch die Anspielungen auf die zuletzt im Wahlkampf in Frankreich wieder hochkochende Problematik der "illegalen Einwanderer". Hier am Beispiel von Hatnix, der ohne den nötigen "Papyros" einfach kaum eine Möglichkeit hat, in seinem Traumland leben zu können.

Wer hätte gedacht, dass in einem Asterix-Realfilm auch solche "erwachsenen" Themen Platz finden. Zu diesem Mut kann man Tirard, der hier ganz im Geiste von René Goscinny arbeitet, nur gratulieren. Nur einen Verweis auf eine möglicherweise mehr als nur kumpelhafte Beziehung zwischen Asterix und Obelix musste er sich verkneifen. Das würde laut Anne Goscinny dann doch zu weit führen und die Fans arg verstören.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/asterix-und-obelix-im-auftrag-ihrer-majestaet-2012