Zivilprozess

Mittwoch, 18. April 2012, kabel eins, 20:15 Uhr

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Mit seiner smarten und selbstsicheren Erscheinung ist der Anwalt Jan Schlichmann (John Travolta) ein erfolgsorientierter Typ, der nach anfänglicher Ablehnung einen Fall übernimmt, von dem er sich lukrative Einnahmen erhofft. In Massachusetts sind zwölf an Leukämie erkrankte Kinder verstorben, und die trauernden Eltern verdächtigen zwei große Konzerne, durch ihre illegale Abfuhr von Giftmüll ins Grundwasser dafür verantwortlich zu sein. Die Anwälte Jerome Facher (Robert Duvall) und William Cheeseman (Bruce Norris) vertreten die Gegenseite, und es bahnt sich ein komplizierter wie scharf geführter Prozess an, bei dem es um millionenschwere "Entschädigungen" geht.
Zivilprozess aus dem Jahre 1998 ist ein packender, geschickt inszenierter Gerichtsfilm, der nach einem Buch von Jonathan Harr auf wahren Begebenheiten beruht. Seinerzeit für Robert Duvall als Besten Nebendarsteller sowie für die Kamera von Conrad L. Hall für den Academy Award nominiert trumpft der Film des US-amerikanischen Drehbuchautors und Regisseurs Steven Zaillian gleichermaßen mit moralischen wie juristischen Aspekten von schwelender Ambivalenz auf, die sich an der komplexen Figur des ganz hervorragend von John Travolta verkörperten Anwalts entzünden, der im Verlauf der Ereignisse einen tief greifenden Wandel seiner Grundhaltung erfährt und in Robert Duvall einen würdigen und ebenfalls intensiv aufspielenden Gegner im juristischen Duell findet.

Auch wenn Anne Anderson (Kathleen Quinlan), die Mutter eines der verstorbenen Kinder, mit geradezu heroischer Haltung betont, dass es ihr vorrangig um eine Schuldanerkennung und offizielle Entschuldigung der Konzernleitungen gehe, drehen sich die Interessen vor Gericht zunächst um die finanziellen Belange, bis es selbst dem zunehmend sensibilisierten Anwalt Schlichtmann nur noch auf Gerechtigkeit ankommt, wobei er selbst den eigenen Ruin dabei unberücksichtigt lässt. Zivilprozess wirft mit seiner differenzierten Darstellung einen mehr als kritischen Blick auf die Zusammenhänge von Justiz und Recht im US-amerikanischen Gerichtssystem und zeigt durch sein kompromissloses Finale, dass ein augenscheinliches Scheitern bei Zeiten auch Ausdruck eines inneren Sieges sein kann – so uneffektiv dieser sich auch im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gestaltet, bei dem die bessere Strategie sich durchsetzt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/zivilprozess