Immer Ärger mit 40

Eine Ehe im täglichen Stresstest

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Krise ereilt das Ehepaar Debbie (Leslie Mann) und Pete (Paul Rudd) auf vielen Wegen. Beide werden 40, wogegen sich Debbie noch vehement sträubt. In der Beziehung knirscht es: Aufgrund unterschiedlicher Mentalitäten eskalieren schon alltägliche Wortwechsel. Die Pubertät der älteren Tochter Sadie (Maude Apatow) gerät in Konflikt mit Debbies Erziehungsidealen. Petes Plattenfirma siecht dahin und in Debbies Boutique bedient sich wahrscheinlich eine Angestellte aus der Kasse.
In seinem vierten Spielfilm bilanziert Regisseur Judd Apatow, mit welchen Zieh- und Fliehkräften Ehepaare in diesem sensiblen Lebensalter zu kämpfen haben. Der amerikanische Komödienspezialist, der selbst der Generation seiner Protagonisten angehört, schaut sich wieder bei der Familie um, die fünf Jahre zuvor in seinem Film Beim ersten Mal / Knocked Up eine Nebenrolle spielte. Wie damals gehören drei ihrer Darsteller zu Apatows Familie: Seine Frau spielt Debbie und seine Töchter Maude und Iris die Filmkinder Sadie und Charlotte.

Pete verschweigt seiner Frau, dass der Verkauf des Hauses droht und zieht sich mit seinen Sorgen zurück. Debbie hingegen geht in die Offensive und verordnet der Familie Hausaufgaben, die sie in eine bessere Zukunft führen sollen. Dazu gehört gesunde Ernährung. Pete soll auf seine geliebten Kuchen und Fastfood verzichten. Selbst der Salat bekommt kein Dressing mehr. Damit Tochter Sadie mehr draußen und mit ihrer kleinen Schwester spielt, darf sie kaum mehr ins Internet oder an den Computer. Sadie zeigt ihren aus der Zeit gefallenen Eltern lautstark den Vogel.

Und schon taucht der nächste Konflikt auf: Wer gebraucht mehr Schimpfwörter, der von der Außenwelt verdorbene Nachwuchs, oder die Eltern? Apatow reitet lustvoll auf diesem Thema herum, bis von den hehren erzieherischen Maximen, die amerikanische Eltern zumindest in Filmen gerne verfolgen, nicht mehr viel übrigbleibt. Petes und Debbies Väter versagen als Vorbilder, denn der eine lässt sich und seine Familie von Pete durchfüttern, der andere hat nie Zeit für seine Tochter aus erster Ehe.

Der satirische Blick auf verschiedene Phänomene der Gegenwartskultur gibt der Geschichte eine frische und authentische Note. Sie wird von den Auftritten der Sänger Graham Parker und Ryan Adams noch verstärkt. Der alte Parker spielt sich selbstironisch als Flop für Petes Retrolabel, der trotzdem keine Geldsorgen kennt, weil er ein Lied für eine bekannte TV-Serie geschrieben hat.

Zwei Dinge aber schmälern das Vergnügen an dieser Komödie: ihre deklamatorischen, auf Pointen zugeschnittenen Wortwechsel und der gefällige und aussageschwache Kurs, den sie in ihren über zwei Stunden verfolgt. Die Schauspieler sind hauptsächlich als Sprecher schlagfertiger, aber holpriger Dialoge gefragt, die sich in einer Fernseh-Sitcom besser machen würden. Erst spät kommt die Stimmung in Fahrt, als die langwierig etablierten Charaktere auf Petes Grillparty ein konflikthaftes Ensemble bilden. Aber Apatow wird den eigenen Ansätzen untreu. So lässt er das Ehepaar zunächst mit bissigen Worten Position gegen spätes Kinderglück beziehen. Dann wird Debbie schwanger und das bedeutet erstaunlicherweise auch hier, dass trotz Geld- und Beziehungssorgen Freude angesagt ist.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/immer-aerger-mit-40