Das Versprechen (2001)

Dienstag, 22. Mai 2012, ARTE, 20:15 Uhr

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der Stoff dieses US-amerikanischen Spielfilms aus dem Jahre 2000 von Schauspieler und Regisseur Sean Penn stammt aus der Feder des grandiosen schweizerischen Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt (1921-1990), der den packenden Kriminalroman Das Versprechen 1958 nach seinem eigenen Drehbuch für den Film Es geschah am hellichten Tag unter der Regie von Ladislao Vajda schrieb und darin das optimistische Finale dieser filmischen Fassung kräftig perturbierte. Sean Penn transferiert die gleichermaßen geniale wie düstere Geschichte um die letztlich tragische Figur eines emotional verstrickten Ermittlers von den Dörfern der Schweiz in karge Regionen Nevadas und wartet mit einem Star-Ensemble auf, das von einem ausdrucksvoll distanzierten Jack Nicholson in Höchstform angeführt wird.

Bei seinem Seelenheil verspricht Detektiv Jerry Black (Jack Nicholson) der Mutter der ermordeten kleinen Ginny Larsen (Patricia Clarkson), dass er deren Mörder finden werde – und damit beginnt für Black, der bis zu seiner Pensionierung nur noch wenige Stunden im Dienst ist, der persönlichste Fall seiner gesamten Laufbahn als erfolgreicher Polizist. Ist für seinen Kollegen Stan Krolak (Aaron Eckhart), der offiziell die Ermittlungen übernimmt, auch rasch klar, dass es sich bei dem Kindermörder um den als verrückt geltenden Native American Toby Jay Wadenah (Benicio Del Toro) handeln muss, der nach einem verzweifelten Geständnis Selbstmord verübt, bezweifelt Black dies auf Grund seiner bisherigen Anhaltspunkte in diesem Fall ganz erheblich. Der mittlerweile aus dem Staatsdienst entlassene Detektiv ermittelt nun auf eigene Faust weiter, und tatsächlich kristallisiert sich der dringende Verdacht heraus, dass der Mörder ein Serientäter ist und sich erneut ein Opfer ausgesucht hat, das Black als menschlichen Köder an einer Tankstelle für ihn präsentiert hat ...

Es gelingt Regisseur Sean Penn mit seiner eindringlichen Bildsprache und seiner stimmigen, präzisen Inszenierung ganz hervorragend, die bedeutsamen Aspekte dieses schweren und schwermütigen Stoffes filmisch zu adaptieren. Es ist – ähnlich wie in der literarischen Vorlage – der fatale Zufall, der die passende Konstruktion der Wirklichkeit, die Aufklärung des Falls und die Ergreifung des Mörders, am Ende scheitern lässt, der Zufall als Meister über Akribie und Besessenheit eines Menschen, der sein Seelenheil in die Waagschale geworfen und dabei selbst die eigenen moralischen Werte missachtet hat. Das Versprechen, der 2001 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes im Wettbewerb um die Goldene Palme antrat, relativiert in geradezu diabolisch anmutenden Konstellationen existenzielle Werte wie Wahrheit und Gerechtigkeit, und am Ende bleibt dem tragischen Helden, dessen stimmiges Konstrukt an einer Laune des Schicksals zerbirst, nur der Wahn.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/das-versprechen-2001