Der Hypnotiseur

Szenen einer Ehe

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Der schwedische Regisseur Lasse Hallström hat sich vor allem mit Literaturverfilmungen einen Namen gemacht, darunter John Irvings Gottes Werk und Teufels Beitrag, Paul Tordays Lachfischen im Jemen und die Nicholas Sparks‘ Das Leuchten der Stille sowie Safe Haven - Wie ein Licht in der Nacht, der ebenfalls aus der Feder des Erfolgsautorss stammt. Dabei eint all diese Filme eine Neigung zum Melodram, zur Romantik und Glätte – Eigenschaften, die zu einer Verfilmung von Lars Keplers Erfolgsthriller Der Hypnotiseur nicht unbedingt passen.
Der Film beginnt mit Bildern des winterlichen Stockholm, dann wird der Zuschauer unmittelbar in die Handlung hineingezogen: Am Stadtrand von Stockholm wird ein Familienvater in einer Turnhalle bestialisch ermordet aufgefunden. Zufällig befindet sich Kommissar Joona Linna (Tobias Ziliacus, Beyond the Front Line - Kampf um Karelien) in der Nähe des Tatorts und schaltet sich in die Ermittlungen ein. Als er die Familie des Toten verständigen will, entdeckt er ihre Leichen – einzig der Sohn Josef (Jonatan Bökman) hat schwer verletzt überlebt. Bei der Durchsuchung des Hauses bleibt die Kamera stets eng bei dem Polizisten, dabei folgt die Inszenierung den Konventionen eines Thrillers – und baut Spannung auf. Es stellt sich heraus, dass der Junge und einzige Zeuge allenfalls unter Hypnose eine Aussage machen könnte, daher wendet sich Joona Linna an den Hypnose- und Trauma-Experten Dr. Erik Bark (Mikael Persbrandt, In einer besseren Welt). Eigentlich hatte Erik Bark der Hypnose abgeschworen, aber da sich mittlerweile herausgestellt hat, dass eine Tochter der Familie nicht mehr Zuhause wohnt und möglicherweise in Lebensgefahr schwebt, macht er eine Ausnahme. Er bricht sein Versprechen, hypnotisiert Josef – und löst ein weiteres Verbrechen aus: Eriks Sohn Benjamin (Oscar Petterson) wird entführt.

In Anlehnung an die Buchvorlage erzählen die Drehbuchautoren Paolo Vacirca und Lasse Hallström in ihrem Film von zwei Kriminalfällen – der Ermordung der Familie und Benjamins Entführung. Hier bleibt anfangs im Unklaren, inwieweit die Fälle zusammenhängen, aber im Gegensatz zur überfrachteten Vorlage gelingt es Paolo Vacirca und Lasse Hallström im ersten Drittel, mit klugen Abweichungen die Handlungsstränge zu verbinden und die Spannung aufrechtzuerhalten. Allerdings verlagert sich mit zunehmender Laufzeit der Schwerpunkt der Handlung eindeutig von dem Kriminalplot hin zu einem Ehedrama. Durch Benjamins Entführung treten die Schwierigkeiten in der Beziehung zwischen Erik und seiner Frau Simone (Lena Olin) offen zutage und sie tragen ihre unterschwelligen Konflikte nun offen aus. Simone hat ihrem Mann einen drei Jahre zurückliegenden Seitensprung nicht verziehen, außerdem ist Erik tablettensüchtig.

Das Drehbuch bietet – ebenso wie der Thriller von Lars Kepler – nur wenig Ansatzpunkte zur Charakterisierung von Simone, dadurch ist der Konflikt der Eheleute schwer nachzuvollziehen. Zwar gelingt es Lena Olin und Mikael Persbrandt im Ansatz deutlich werden zu lassen, was Simone und Erik einst verbunden hat, aber in einigen Szenen verlieren sie durch over-acting ihre Glaubwürdigkeit. Darüber hinaus fehlt im Mittelteil eine Anbindung an die Kriminalfälle, für die der Film trotz einer Laufzeit von über zwei Stunden zu wenig Zeit und Handlung aufwendet. Dadurch sind weitere Änderungen nötig, die die Auflösung der beiden Fälle nicht ausreichend vorbereiten. Hier schreckt das Drehbuch vor dem grundlos Bösen zurück, das in dem Thriller von Lars Kepler hinter den Taten steht.

Daher bleiben bei Der Hypnotiseur vor allem die stimmungsvollen Bilder in Erinnerung, die aber leider manchmal von einem aufdringlichen Score untermalt werden. Und so ist es angesichts des vielversprechenden Anfangs und der guten Besetzung sehr schade, dass der Film letztlich nicht mehr als ein mit Krimi-Elementen durchzogenes Ehe-Melodram geworden ist.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/der-hypnotiseur