The Collection

Hotel Argento

Eine Filmkritik von Martin Beck

Es war einmal…der Versuch einer neuen Horrorikone namens The Collector. Der machte sich 2009 auf, mittels einer schwarzen Gesichtsmaske und allerlei fieser Folterfallen die bereits ziemlich abgenagte Saw-Ecke aufzumischen. Nicht einfach nur Abschlachten, sondern spannendes Abschlachten. In Gestalt eines tatsächlich packenden Katz-und-Maus-Spiels, das so dicht inszeniert und so unangenehm brutal ist, dass man die grundsätzliche Doofheit des Geschehens gerne schlucken kann.
Dummerweise war The Collector kein allzu großer Erfolg, weil bereits damals die SAW-Nummer in der klinisch toten Einbahnstraße steckte, doch anscheinend kam trotzdem genug Geld rum. Für eine Fortsetzung, die immerhin nicht einfach eine "2" hinter den originalen Titel schreibt. Sondern dem Collector eine üppige, natürlich blutverkrustete Collection verpasst. Und dabei so wunderbare Exponate auffährt wie einen riesigen Leichenberg, allerlei deformierte Extremitäten in Glibbergläsern oder eine ganze Horde vor Schmerz wahnsinnig gewordener Zombies.

The Collection erweitert den "Mythos" des Collectors mit einem verfallenen Hotel namens Hotel Argento (doch, wirklich...), das schier endlose Räumlichkeiten für immer neue Abscheulichkeiten bietet. Die häuslichen Scheuklappen des ersten Teils fahren nun ein, die Bandbreite der Todesarten steigt an und ganz am Anfang wird sogar ein ganzer Club wortwörtlich niedergemäht. Das Finale von Braindead als überbordender Appetizer auf "things to come". Wie z.B. ein sich langsam absenkendes Gitter, das die paar Überlebenden des überdimensionalen Mähdreschers in unkenntlichen Matsch verwandelt.

"Body Horror" in seiner plakativsten Ausprägung, inbrünstige Schreie plus viehische Morde als Ersatz für klassische Horrorspannung. Das Hotel des Collectors gemahnt zwar an ein "haunted house"-Szenario, doch alles andere ist so unwiderruflich post-modern, dass selbst das Blut an den Wänden Eiszapfen zu bilden scheint. The Collection ist extrem zynisch, extrem hart und extrem kalt. Immer wieder erreicht der Film die "ich-geh-jetzt"-Grenze, weil einfach jenseits der zugegebenermaßen dichten Inszenierung keinerlei involvierende Hand ausgestreckt wird. Wer ist der Collector denn nun, wer steckt hinter der Maske? Bis zum (natürlich offenen) Ende bekommt der Mythos keinerlei neue Nahrung.

Für eine richtige Horrorikone ist der Collector zu unpersönlich – und zwar bereits mit der schwarzen Maske, die einzig seine Augen freigibt. Regisseur Marcus Dunstan mag ja gerne ein stilsicheres Händchen für durchaus effektive Todesszenarien besitzen, doch in Sachen Plot und Charaktere ist er eine absolute Niete. Man wird bei The Collection ordentlich gebügelt, aber wirkliche Spannung kommt nicht auf. Dafür ist die Geschichte (=eine handgeschnitzte Söldnertruppe soll die einzige Überlebende des Club-Massakers aus dem Hotel befreien) einfach zu platt. Und immer wieder auch schlichtweg zu blöd.

Was vor allem auf den Collector zu münzen ist, der sich doch eigentlich ständig selbst zerhäckseln müsste, in seinem völlig verwanzten Hotel. Der anscheinend endlose Zeit für den Bau der elaborierten Fallen hat, endlose Geldmittel besitzt und nicht mal bemerkt wird, als er in einem Club einen riesigen Mähdrescher anbringt. Wobei natürlich ergänzend gefragt werden müsste, wie er dieses Ding überhaupt an die Decke bekommen hat. Und, weitergeführt, warum die Polizei anscheinend komplett pennt, trotz einer in die Hunderte gehenden Totenliste – die dann tatsächlich EINEN Überlebenden (=Josh Stewart, den Einbrecher von Teil 1) produziert...der im folgenden von genau EINEM Polizisten bewacht wird.

Die Liste der Schande ist lang bei The Collection und reduziert den Kreis der trotzdem Interessierten auf beinharte Gorehunde – die dann allerdings rundum bedient werden. Und trotzdem irritiert feststellen, dass a) Teil 1 klar besser war und b) nach einer guten Stunde Nettospielzeit schon wieder Schicht ist. Was natürlich begrüßenswert ist, wenn man mal wieder früh ins Bett möchte, doch gleichzeitig verdammt nach Produktionsproblemen und einem deutlich verlängerten "Director’s Cut" riecht. Der dann wahrscheinlich voll einen auf Ambition macht und dem bis jetzt schlichten Splatterexzess existenzialistische Weinkrämpfe beschert.

Auch der Collector hat Gefühle, man muss nur den Finger draufhalten. Und dabei die herzlose Schlachthaus-Mentalität dieses rüden SAW-Klons in ungeahnte Meta-Dimensionen überführen. Spätestens dann 2017, in Teil 3: The Collectables.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-collection