Evil Dead (2013)

Die ultimative Erfahrung

Eine Filmkritik von Martin Beck

Eigentlich sollte man bereits beim Poster von Evil Dead zusammenzucken: "Der schockierendste Film, den du jemals sehen wirst" steht da und vermittelt dem Betrachter ein freundschaftliches Vertrauen, das auf dem Plakat des Originals noch etwas allgemeiner gehalten wurde: "The ultimate experience in grueling terror". Also was denn nun?

Na auf jeden Fall ein hyperbrutaler Horrorfilm, der seine Remake-Agenda an der Gurgel packt und sie erst wieder loslässt, wenn auch der letzte Körper keine Zuckungen mehr absondert. Sondern ausgeweidet an den Wänden klebt, unter Blutfontänen zerstückelt oder mittels diverser Gerätschaften (ja, inklusive einer Kettensäge) haarsträubender Selbst-Amputationen unterzogen wurde.

Evil Dead ist orgiastisches Splatterkino als Geschenk für alle Tanz der Teufel-Fans – die diesem Remake doch eigentlich keine Chance geben wollten. Regisseur Fede Alvarez gelingt aus dem Stand eine bedrohliche Terrorstimmung, die zu keinem Zeitpunkt nachlässt und erst beim wortwörtlich blutüberströmten Finale in haltlosen Exzess abgleitet. Horror einmal nicht als "haunted house"-Knarzen oder niederträchtige Quälerei, sondern einfach nur voll in die Visage. Ohne Pause. Mit einer ganzen Reihe unvergesslicher Splattermomente – eingebunden in eine furiose Inszenierung.

Sam Raimi höchstpersönlich hat Evil Dead nicht nur produziert, sondern auch den Regisseur ausgesucht. Was sich als absoluter Glücksgriff herausstellt, denn Fede Alvarez findet genau die richtige Mischung aus neu und Hommage. Erneut rast die Kamera durch einen finsteren Wald, mit manischem Tempo springt man von Schock zu Schock und die Effekte sind sowohl zahlreich als auch echt heftig. Mit dem Cuttermesser die Zunge durchschneiden, per Fleischermesser den Arm abtrennen oder einen Nagel aus dem Auge ziehen – dass hier die FSK ungeschnitten durchgewunken hat, ist eigentlich kaum zu glauben.

Zumal Tanz der Teufel ja eine ausgiebige Zensur-Historie hat und das Remake eigentlich die gleiche Geschichte nochmal erzählt, nur ohne Humor. Und ohne Ash. Und ohne Tonband. Aber dafür mit einem äußerst effektiven Prolog. Und fünf Protagonisten, die diesmal sogar einen Grund für ihren Besuch in der einsamen Waldhütte haben: nämlich den Drogenentzug von Jane Levy. Die hier "cold turkey" in einer ganz neuen Dimension erlebt und dabei eine physische Tour de Force sondergleichen abliefert.

Evil Dead ist das rare Beispiel eines Remakes, bei dem genau erkannt wurde, was das Original zu solch einem Kultklassiker gemacht hat. Endlich darf Horror mal wieder eine grimmige Achterbahn sein, ganz ohne Blödelhumor und CGI-Effekte. Es geht bei dem Film nicht groß um Spannungsaufbau oder sinnvolle Charaktere, sondern einfach nur um die maximale Auspressung der eigentlich schon längst ausgelutschten "Haus im Wald"-Zitrone. Sobald das verhängnisvolle Buch der Dämonen offen ist, wird der Zuschauer durchgeprügelt wie schon lange nicht mehr. "Grueling terror" – absolut.

Dass so ein ungehemmt blutiger und brutaler Film bei uns groß startet, ist echt der Hammer...und als solcher natürlich mehr als willkommen. Die Horrorfans werden jeder Sekunde die blutverkrusteten Stiefel küssen, der "Rest" schüttelt sich durch eine zähnefletschende Extrem-Geisterbahn und am Ende sind sich dann alle hoffentlich einig: Evil Dead ist ein echtes Erlebnis.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/evil-dead-2013