Frauensee (2012)

Liebesweh am Sommersee

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Die Fischerin vom Brandenburger See fährt zu ihrer Geliebten; doch zwischen Rosa und Kirsten knirscht es. Rosa, die mit ihrer Hände Arbeit Reusen flickt und Pfähle ins Wasser hämmert, um allabendlich ihren Fang einholen zu können, und Kirsten, die als Architektin auch am Wochenende ständig am Handy hängt, haben keine gemeinsame Sprache mehr; nur Kirstens luxuriösen Bungalow am See, in dem sie sich treffen – übernachten will Rosa dort nicht. Ein junges Pärchen, Evi und Olivia, will in der Gegend campen, sie treffen auf Rosa, die lädt sie spontan ein; ein feucht-fröhlicher Abend endet mit heftigen, aggressiven Flirts von Evi, die Rosa anmacht; und Rosas klarer Ansage an Kirsten, die Beziehung auf ein neues Level zu stellen.

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Zoltan Paul untersucht die Interferenzen, die Störsender, das Grundrauschen zweier Liebesbeziehungen. Dass es sich um lesbische Paare handelt, ist eher nebensächlich und doch wichtig, wegen des Umgangs mit Konflikten und der Sensibilität für Emotion und Interaktion. Der einfache Film, der eigentlich keine Handlung hat, wird getragen von der Stimmung, vom Sommer, vom See, von der Natur, von der Sinnlichkeit, die die Frauen erfahren, nach der sie sich sehnen.

Das Drehbuch, laut Vorspann von Regisseur Paul und dem Ensemble gemeinsam verfasst, fußt auf einwöchigen Proben vor den Dreharbeiten, in denen die Charaktere und die einzelnen Handlungselemente anhand eines siebenseitigen Exposés ausgearbeitet wurden; entsprechend wurden viele Szenen am Set improvisiert, lebendig, frisch und spontan. Ein verbotener Lagerfeuerabend im Naturschutzgebiet, ein Spaziergang durch Kirche und Friedhof, dazwischen Gespräche, Streit, Liebe und das Nachdenken über sich und die anderen: Was die Figuren antreibt, daran tragen sie schwer; und Zoltan Paul inszeniert es mit bestechender Leichtigkeit, mit sommerlichem Humor – und mit hervorragend konzipierten Bildern, ausschließlich mit schwebender Steadycam gefilmt. Er hat Blick und Gespür für das Nebensächliche, das wichtig ist, für das Atmosphärische, das einen Film antreiben kann; und dafür, wie man(n) zwei weibliche Pärchen umeinander kreisen lassen kann, bis sie ins Tanzen kommen.

Am Ende eine heftige Aussprache, ein reinigender Ausbruch. Und eine lange, ungeschnittene Kamerafahrt, durchs Haus, über Veranda und Steg hinaus über den See – ein schöner Abschied von diesen vier Frauen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/frauensee-2012