The Best Offer - Das höchste Gebot

Der unverwechselbare Reiz des Alten

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Das Beste an Filmfestivals ist ja, dass man immer wieder über Filme stolpert, die man eigentlich sonst nicht gesehen hätte. Eine dieser überraschenden Perlen ist der neue Film des sizilianischen Autorenfilmers Guiseppe Tornatore, dessen bisheriges Karriere-Highlight der Oscar für seinen Film Cinema Paradiso (1989) war. Dieser hat lange keinen internationalen Film mehr gemacht und sich in den letzten Jahren vor allem um seine Heimat Sizilien und die dort angesiedelten Geschichten gekümmert.
Doch mit The Best Offer - Das beste Angebot wagt er sich aus der Heimat heraus: der Film spielt in Wien, Prag und Norditalien, alles Orte, die sich im Film zusammentun zu einem weder zeitlich, noch örtlich wirklich einzuordnendem Gebilde. Auf dieser magisch anmutenden Grundlage entrollt Tornatore ganz langsam und mit viel Liebe für Details die Geschichte von Virgil Oldman (Geoffrey Rush), einem Kunstauktionator, der seine Gemälde und Gegenstände mehr liebt, als die unzuverlässigen Menschen. Sein Freund Billy (Donald Sutherland, der hier aussieht, als wäre er einem Herr der Ringe Film entsprungen) und er drehen ab und an ein krummes Ding. Die besten Stücke lässt der Auktionator nämlich durch seinen Freund für sich selbst ersteigern. Und damit der Preis günstig bleibt, identifiziert er die Werke absichtlich falsch. In einem geheimen Raum in seinem Haus hängen seine Schätze - alles Frauenporträts - und Virgil verbringt seine einsamen Abende in ihrer Gesellschaft.

Bis hierhin läuft der Film, genau wie Virgils Leben, in akkurat geordneten Bahnen. Wie ein Uhrwerk möchte man fast sagen. Doch dann stolpert Virgil über zwei Merkwürdigkeiten. Bei einem neuen Auftrag in einer Villa voller antiker Gegenstände findet er ein merkwürdiges Zahnrad. Später bittet er den hochbegabten Bastler Robert (Jim Sturgess) um Hilfe, der diese als Teile eines uralten Automatens identifiziert. Doch noch eigenartiger ist die Besitzerin des Hauses. Nie bekommt er sie zu Gesicht: sie leidet unter Agoraphobie und lebt in einem geheimen Raum im Haus. Je mehr Teilchen Virgil zu finden sucht, je mehr er von der geheimnisvollen Frau erfährt, desto mehr gerät sein Leben in Unordnung und Stocken. Doch er kann nicht aufhören, denn Virgils Leidenschaft für das Sammeln (schöner Frauen) übermannt ihn.

The Best Offer - Das beste Angebot ist in seiner Machart und in seinem Thema ein alter, auf den ersten Blick ganz unmoderner Film. Nicht nur sein Thema scheint altmodisch, ja geradezu altweltlich. Auch seine Machart passt sich an. Doch genau das macht den Charme des Filmes aus: Ein alter Mann, der sich mit alten Dingen umgibt, wird inszeniert auf eine "alte" unaufgeregte Art und Weise, die dem Film eine unglaubliche Tiefe verleiht (einfach weil er der Geschichte und den Protagonisten Zeit lässt diese zu entwickeln) und nach und nach auch viel Spannung. Was gemächlich anfängt, wird mehr und mehr zu einem gruseligen Märchen, einem Psychothriller, der sich quasi von hinten anschleicht und den Zuschauer mit seiner Mächtigkeit überrascht. Da sitzt man plötzlich im Kino und fragt sich, wieso man so angespannt ist und was wohl als nächstes passiert. Was ist mit der Frau? Wird Virgil sich verlieren? Und was für einen Automaten baut Robert da zusammen?

Und genauso soll es sein! Ein Kino, das Geschichten erzählt und einen in diese hineinreißt und mitnimmt. Charaktere, die genug Fläche bilden zum Festhalten und empathisch sein. Emotionsstürme, Anspannung, Hoffnung - es ist alles da und Tornatore spielt gekonnt aber liebevoll mit den Emotionen des Zuschauers. Und dazu braucht er kein 3D, kein CGI, keine sexy Celebrities. Eine alte Villa, ein paar Gemälde und Geoffrey Rush reichen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-best-offer-das-hoechste-gebot