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Willkommen in der Welt der Sparks, einem sehr besonderen Pop-Duo. Edgar Wright baut mit „The Sparks Brothers“ den Brüdern einen filmischen Ruhmestempel.

The Sparks Brothers (2021)

Eine Filmkritik von Matthias Pfeiffer

Die eigenste Band der Welt

Sie sind eine der ganz großen Bands, die man immer wieder vergisst. Zwei Brüder, die mit ihrer tanzbaren Mischung aus Kunst und Camp mehrere Musiker-Generationen prägten, doch trotzdem seit fast fünfzig Jahren den Status einer Obskurität für Kenner haben. Die Rede ist von den Sparks, dem amerikanischen Duo, das doch so unglaublich englisch wirkt. Im Grunde war schon länger die Zeit reif für ein filmisches Denkmal. Edgar Wright („Shaun of the Dead“, „Baby Driver“) hat sich dieser Mammut-Aufgabe nun angenommen und verneigt sich fast zweieinhalb Stunden lang mit seiner Rockumentary „The Sparks Brothers“.

Dieses Unternehmen kann man getrost als schwierig bezeichnen. Denn auch, wenn Songs wie This Town Ain’t Big Enough for Both of Us und The Number One Song in Heaven Kult-Status genießen, über die Band selbst weiß man doch wenig. Da stellt sich auch gleich die Frage, ob man da wirklich Licht uns Dunkel bringen oder das Mysterium weiter pflegen will. Wright entscheidet sich für ersteres und findet in den Art-Pop-Geschwistern Russell und Ron Mael aufgeschlossene und redefreudige Gesprächspartner. Zudem hat er eine ganze Armada an prominenten Fans zusammengetrommelt, darunter so unterschiedliche Musiker wie Beck, Duran Duran, Steve Jones (Sex Pistols), Thurston Moore (Sonic Youth) und Flea (Red Hot Chili Peppers). Außerdem scheint er jedes Archiv der Welt durchforstet zu haben, um einen förmlichen Found Footage-Tsunami über das Publikum hereinbrechen zu lassen.

Am Aufwand, den Edgar Wright in The Sparks Brothers gesteckt hat, sieht man sofort, dass es sich hier um eine Herzensangelegenheit handelt. Der Regisseur lässt es sich auch nicht nehmen, selbst vor der Kamera zu erscheinen. Im Aufbau ist sein Film dann wieder recht konventionell, sprich strikt chronologisch. Es beginnt mit der Kindheit der Brüder, geprägt von Rock ‚n‘ Roll und Strand, über die Jugendjahre, in denen auch die Nouvelle Vague und Ingmar Bergman ihren Einfluss hinterließen, bis zur Bandgründung und den ersten Schritten in der Musikwelt. Im Anschluss wird jedes der 25 Studioalben einzeln beleuchtet, samt den dazugehörigen Höhen und Tiefen. Man muss ganz klar sagen, dass The Sparks Brothers es wunderbar schafft, das Besondere dieser Band einzufangen. Russell als schillernder Stimm-Akrobat, Ron als unterkühlter Keyboarder mit Hitler- … äääh, Chaplin-Bärtchen, die Musik immer unverkennbar Sparks, egal ob im Gewand von Glam Rock, Synth Pop oder mit klassischen Elementen angereichert – ein Konzept, das großen Spaß, aber auch künstlerisches Außenseitertum mit sich bringt. Dass die exzentrischen Brüder trotz der Trockenphasen bis heute durchgehalten haben und sogar den Soundtrack für Leos Carax‘ Annette beisteuerten, ist auch jede Verneigung wert. Eine filmische Zusammenarbeit mit dem großen Jacques Tati in den Siebzigern fiel leider in sich zusammen.

Nun sollte man aber auch bei Rockumentaries dieser Art nicht in Fan-Blindheit verfallen. Das kann noch schneller passieren als beim neuen Film des Lieblings-Regisseurs. Fünf Jahrzehnte und 25 Alben sind eine Menge Holz – dass sich beim chronologischen Nach-vorne-Hangeln Längen auftun, erklärt sich ganz von selbst. Edgar Wright war das anscheinend nicht bewusst, offenbar wollte er keinen Kommentar, keine Anekdote weglassen und so streckt sich das ganze Unternehmen auf 140 Minuten. So wunderbar diese Reise ist, so ermüdend ist diese Entscheidung nach einiger Zeit selbst für den eingefleischten Musikliebhaber. Mitunter meint man sich wie die Band selbst zu fühlen, nachdem sie 2008 an 21 Abenden hintereinander ihr Gesamtwerk auf die Bühne brachten (ein Album pro Konzert). Man muss es sagen, wie es ist: Edgar Wright steht hier sein eigenes Fantum im Wege. Zwar schafft er es, in The Sparks Brothers eine Mischung zu schaffen, die sowohl eingefleischte Liebhaber als auch Neulinge anspricht, aber das Maßhalten lässt er dabei außer Acht.

Trotzdem verlässt man das Kino zwar erschöpft, doch angefüllt mit guter Laune und einem umfassenden Repertoire an Ohrwürmern. Jetzt merkt man sich auf jeden Fall, wer die Sparks sind.

The Sparks Brothers (2021)

„The Sparks Brothers“ ist ein Musikdokumentarfilm über Ron und Russell Mael — Begründer der legendären Pop-Rock-Band „The Sparks“. 

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Meinungen

Jens · 26.05.2021

Obwohl der Film noch gar nicht auf dem Markt ist, machen allein schon die Trailer Lust auf den Film.
Der einzigartige Humor von Ron und Russell Mael ist so gut.
Kaum rauszuhören, dass sie eine meiner Lieblingsbands sind.
Can't wait to see it.