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Ryan Spindell bietet in seinem Anthologiefilm „The Mortuary – Jeder Tod hat eine Geschichte“ eskapistische Horror-Unterhaltung, die zunehmend cleverer wird.

The Mortuary - Jeder Tod hat eine Geschichte (2019)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

(Wahn-)Witz trifft Horror

Eine tiefe, dunkle Erzählerstimme raunt Bedrohliches; die Kamera schwebt durch einen Wald, vorbei an einem Schild mit der Aufschrift „Raven’s End“; ein Gewitter tobt; die Raben krächzen – und ein kleiner Junge, der Mitglied der „Goonies“ sein könnte, radelt hastig durch Forst und Kleinstadtstraßen, bis er zu einem großen, abgelegenen Anwesen gelangt: dem örtlichen Leichenschauhaus, das zugleich ein Krematorium ist. Schon die ersten Bilder von „The Mortuary – Jeder Tod hat eine Geschichte“ machen, noch unterlegt mit einem stimmungsvollen Score, ganz unmissverständlich klar: Hier geht’s um Grusel, Spaß und Atmosphäre! Und dieses Versprechen hält der Drehbuchautor und Regisseur Ryan Spindell im Folgenden auch ein.

 

Seit 2017 hat Spindell eine Reihe von Kurzfilmen realisiert, die alle mit Horror-, Fantasy- und Comedy-Elementen spielen. Diesen Mix präsentiert er nun auch in seinem ersten Langfilm, der als Anthologie konzipiert ist und vier Episoden mit einer Rahmenhandlung verknüpft. Für die finale Episode übernimmt er seinen 22-Minüter The Babysitter Murders aus dem Jahre 2015. Was die einzelnen Teile verbindet, ist vor allem der morbide, schwarzhumorige Grundton.

Von einem kurzen Kammerspiel, das in den 1950er Jahren angesiedelt ist und eine Diebin (Christine Kilmer) zeigt, die im Badezimmer eines gerade Bestohlenen eine höchst unangenehme Entdeckung macht, geht es zu einem drastischen Body-Horror-Stück, das uns im Sixties-Gewand ans College führt, wo einem arroganten Studenten (Jacob Elordi) eine sehr, sehr schmerzhafte Lektion in Sachen Safer Sex erteilt wird. Auf eine düstere Geschichte in den 1970er Jahren über einen verzweifelten Mann (Barak Hardley), der in einem moralischen Dilemma steckt, folgt schließlich die bereits genannte Halloween-Variation um eine junge Frau in einem nächtlichen Haus und eine grausame Mordserie in einem US-Vorort der 1980er Jahre.

Jene junge Frau – Sam (Caitlin Fisher) – ist auch die Protagonistin der Rahmenhandlung. Sam bewirbt sich als Assistentin des finsteren Bestatters Montgomery Dark (Clancy Brown), der ihr daraufhin die ersten drei Grusel-Mären erzählt, ehe sie ihm die vierte schildert. Wie etwa auch das episodisch aufgebaute Werk Ghost Stories (2017) des Regie- und Drehbuch-Duos Jeremy Dyson und Andy Nyman ist Spindells Mischung aus Spannung, Überspitzung und fiesen Twists an filmische Horror-Anthologien aus Großbritannien – zum Beispiel Die Todeskarten des Dr. Schreck (1965) mit Peter Cushing und Christopher Lee – angelehnt. Mit Ghost Stories hat The Mortuary zudem eine bemerkenswerte Cleverness gemeinsam. Denn auch in Spindells Skript lässt sich nach und nach ein interessantes Konzept erkennen.

Während die ersten beiden Episoden insbesondere durch ihren schicken Look und ihre spürbare Lust an Effekten überzeugen, ist inhaltlich von Episode 1 bis 4 eine deutliche Steigerung der Subtilität festzustellen. Der Film bricht immer mehr mit den Erwartungen des Publikums sowie mit den Klischees des Genres und wirft uns in ein wendungsreiches Finale, das nicht zuletzt dank der Spielfreude von Clancy Brown und Caitlin Fisher so gut funktioniert.

The Mortuary - Jeder Tod hat eine Geschichte (2019)

„The Mortuary Collection“ folgt einem jungen Mädchen, das auf einen gruseligen Leichenbestatter trifft, der ihr vier Geschichte voller Schrecken erzählt.

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