Das Leben ist ein Fest (2017)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Hinter den festlichen Kulissen

Mit seinen beiden vorigen Arbeiten Ziemlich beste Freunde (2011) und Heute bin ich Samba (2014) hat das französische Drehbuch- und Regie-Duo Olivier Nakache und Éric Toledano großes Talent für die Kombination von Witz und Tragik, von unterhaltsamen und relevanten Themen bewiesen. Das neue Werk der Filmemacher Das Leben ist ein Fest ist nun ganz entschieden eine Komödie. Dies kann als eskapistische Haltung kritisiert oder bedauert werden; gleichwohl muss man anerkennen, dass Nakache und Toledano uns als Publikum einen perfekt getimten Genre-Vertreter servieren, der an Robert Altmans Eine Hochzeit (1978) denken lässt – und der vor allem zeigt, dass humoristisches Kino aus Frankreich weit mehr zu sein vermag als die zahllosen Feel-Good-Petitessen aus der Grande Nation, die (auch) unsere Lichtspielhäuser regelmäßig erreichen. Herrliche Situationskomik trifft auf interessante, spielfreudig interpretierte Figuren; die Running Gags sind gelungen und das Potenzial des Schauplatzes wird erzählerisch und inszenatorisch optimal genutzt.

Im Zentrum des Ensemblefilms steht der Hochzeitsplaner Max (Jean-Pierre Bacri), der schon seinen Ruhestand plant, da seine Kundschaft mit dem permanenten Wunsch, die Kosten der Feier so niedrig wie möglich zu halten, gehörig an seinen Nerven sägt. Bei der bevorstehenden Hochzeit von Pierre (Benjamin Lavernhe) und Héléna (Judith Chemla) auf einem alten Schloss gestaltet sich das Budget zwar kaum als Problem – dennoch droht das pompöse Fest im Chaos zu versinken. Wir begleiten Max aus dem urbanen Tohuwabohu in Paris auf das ehrwürdige Anwesen, wo bereits dessen Team mit dem Aufbau begonnen hat. Im Schlepptau hat er seinen angestellten Schwager Julien (Vincent Macaigne) – einen verhinderten Geisteswissenschaftler, der meist im Pyjama vor die Tür geht und (wie sich bald herausstellt) eine Vergangenheit mit der Braut hat. Auch den Fotografen Guy (Jean-Paul Rouve), der einen jugendlichen Praktikanten (Gabriel Naccache) mitbringt und sich mehr für das üppige Büfett als für seinen Job begeistern kann, hat Max eher als Gefälligkeit denn aus professionellen Gründen engagiert. Max‘ unentwegt fluchende Assistentin Adèle (Eye Haïdara) steht indes auf Kriegsfuß mit dem Sänger James (Gilles Lellouche), der mit seiner Band für den ursprünglich vorgesehenen DJ einspringt, während dem von Adèle eingeschleusten Ersatz-Kellner Samy (Alban Ivanov) leider jegliche Erfahrung fehlt. Dass der verheiratete Max mit seiner Mitarbeiterin Josiane (Suzanne Clément) eine schlecht verheimlichte Affäre hat und Josiane mit dem jungen Kellner Patrice (Kévin Azaïs) flirtet, weil sie von dem ewigen Hin und Her genug hat, macht die Sache nicht weniger kompliziert – und als ein Mann mit Aktenkoffer (Grégoire Bonnet) auftaucht, der im Falle einer Inspektion bemerken könnte, dass in Max‘ kleinem Unternehmen schwarzgearbeitet wird, haben die Katastrophen des Abends noch nicht einmal ansatzweise ihren Höhepunkt erreicht.

Mit ihrem Kameramann David Chizallet fangen Nakache und Toledano gekonnt die wechselnden Stimmungen auf der Party-Location ein. Die agile Handkameraarbeit lässt uns in zahlreichen Momenten an der Betriebsamkeit der Truppe teilhaben; es wird hastig umhergelaufen, gebrüllt, gestritten, diskutiert, hier und da auch mal gezaubert oder rasch ein Gläschen Champagner gekippt, um die ständig erforderlichen Planänderungen zu verkraften. Das Leben ist ein Fest ist ein sehr lebendiger Film, dabei jedoch niemals hektisch, sondern vielmehr klug beobachtend. Die wiederholt eingeblendete Uhrzeit macht den Stress spürbar, gegen Ende wird aber auch deutlich, wie aus notwendiger Improvisation erstaunlich Schönes entstehen kann. Zuvor sorgen kommunikative Missverständnisse – nicht zuletzt dank der Autocorrect-Funktion auf Max‘ Telefon – ebenso für amüsante Augenblicke wie die diversen Einflüsse des Smartphones auf die Hochzeitsfotografie oder auf das Kennenlernen von Singles auf großen Feiern.

Die Figuren, mit denen wir das Treiben vor und hinter den Kulissen des Festes erleben, sind gewiss pointiert gezeichnet; sie werden im Laufe der Handlung allerdings als Charaktere sichtbar. Neben Hauptdarsteller Jean-Pierre Bacri, der uns bei aller Komik nicht vergessen lässt, dass Max wirklich bemüht ist, seinen Job ordentlich zu erledigen und sein Team zusammenzuhalten, glänzen insbesondere Eye Haïdara und Gilles Lellouche: Die ehrgeizige Assistentin Adèle, die um eine Spur zu temperamentvoll ist, und der Entertainer James, dessen Darbietungen nicht so ganz den Vorstellungen des Bräutigams von einer schlichten, schicken und eleganten Musikgestaltung entsprechen, sind ein wunderbar antagonistisches Paar; die Annäherung der beiden ist ein immenser Spaß. Sogar der von Benjamin Lavernhe (Birnenkuchen mit Lavendel) gespielte Bräutigam, welcher als narzisstischer Schnösel eingeführt wird und eine einschläfernde Rede hält, wird letztlich nicht an schnelle Gags verraten; stattdessen zählt dessen Überraschungs-Aktion zu den lustigsten, irritierendsten und fraglos eindrücklichsten Passagen dieses extrem charmanten Werks.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

wignanek-hp · 16.03.2018

Ja, dieser Film ist eine Komödie, aber eine ohne wirkliche Höhepunkte. Die Witze sind so alt wie Methusalem, es gibt keine Überraschungen. Die Charaktere sind flach und teilweise psychologisch nicht ganz auf den Punkt. Die Geschichte ist auch nicht sonderlich originell. Ich kann die Lobeshymnen, die ich überall lese, wirklich nicht verstehen. Den sozialpolitischen Aspekt, den viele darin sehen, habe ich nicht entdecken können. Ich fand den Film einfach zu keiner Minute wirklich witzig. Und das verlange ich von einer Komödie nunmal, dass man lachen kann. Es gab wirklich schon wesentlich besseres aus Frankreich.