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Bülent Ceylan, selbst ernannter „Haardrocker“ der deutschen Comedyszene, gibt sein Kinodebüt in einer Musikkomödie. Kann das gutgehen? Nebendarsteller wie Josefine Preuß, Özgür Karadeniz und Kida Khodr Ramadan sowie Regisseur Cüneyt Kaya („Umma – Unter Freunden“) lassen zumindest hoffen.

Verpiss dich, Schneewittchen! (2018)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Multikulti-Kuddelmuddel

„Diversität“ ist das Zauberwort der Stunde, macht aber noch keinen guten Film. Was die Vielfalt vor und hinter der Kamera betrifft und die inklusive Botschaft, die Rechten und ihrer Musik klar den Mittelfinger zeigt, ist „Verpiss Dich, Schneewittchen!“ vorbildlich. All die guten Absichten bringen Cüneyt Kayas Komödie aber herzlich wenig, wenn ein gelungenes Drehbuch, ein funktionierendes Ensemble und eine originelle Inszenierung fehlen. Da hilft selbst ein erfolgreicher Comedian wie Bülent Ceylan nicht.

Der gebürtige Mannheimer gibt den erfolglosen Sammy. Irgendwo tief drinnen schlummert ein Rockstar in ihm, vielleicht sogar der größte des Planeten, wie uns seine sprechende Schildkröte in einem peinlichen Ethnolekt verrät. Das Tier ist Sammys Mitbewohner, ob echt oder Einbildung, quasi innere Stimme, wird nicht verraten. Denn der gepanzerte Gefährte spielt schnell keine Rolle mehr. Einer der vielen misslungenen Gags und unnötigen Ungereimtheiten dieses Films.

An Sammys Leben sind nur die langen Haare rockerhaft. Der Rest ist ziemlich bieder. Ob die Auftritte im Altenheim, bei denen er nur Schlager spielen darf, weil es sonst von der Pflegerin Schläge setzt, ob die Beziehung zu Erzieherin Marie (Franziska Wulf), in deren Kindergartengruppe er Musikunterricht gibt, ob das Zusammenleben mit seiner Schwester Jessie (Josefine Preuß), die er für ihren lockeren Lebensstil maßregelt, oder Sammys Aushilfsjob im Hamam seines Bruders Momo (Kida Khodr Ramadan). Tief drinnen ist Sammy eigentlich ein Spießer und damit integrierter, als es manchem Fremdenfeind lieb sein mag.

Auf einen solchen trifft Sammy in der Not. Weil sein Bruder mit seiner Verlobten Maryam (Nilam Farooq) auf Kreuzfahrt geht, Sammy aber gleichzeitig an einem Musikwettbewerb teilnimmt, braucht er eine Aushilfe für die Badeanstalt und engagiert aus Mangel an Alternative den stramm rechten Wolfram (Paul Faßnacht). Nach anfänglichen Irritationen auf beiden Seiten entwickelt sich der Neue schnell zum Liebling der Wellnesssuchenden und Sammy kommt eine Idee.

Als er hört, welche Töne Wolfram mit seinen Händen dem Körper des massigen Mahmut entlockt, hat er seine Band gefunden. Er selbst übernimmt Gitarre und Gesang, Schwester Jessie das Keyboard und Wolfram die Percussion mit Mahmut als lebendem Klangkörper. Nun stehen dem Erfolg von „Hamam Hardrock“, wie Sammys Multikulti-Kapelle heißt, nur noch Produzentin Thomaschewsky (Sabrina Setlur) und deren dauernörgelnder Boss Grossmann (Chris Tall) im Weg. Die sähen viel lieber die Rocker von „Freiland“ als Gewinner, weil sich mit deren deutschnationalem Getöse vermeintlich mehr Geld verdienen ließe.

Wer auf der Bühne witzig ist, hat hierzulande gute Chancen, es auch auf die Leinwand zu schaffen. Das ist nicht neu, reicht bis Karl Valentin zurück und bescherte dem deutschen Kino einige seiner größten Erfolge. Jahrzehntelang stand Blödelbarde Otto Waalkes mit Otto – Der Film (1985) ganz vorn. Erst die Nummernrevuen eines anderen Sketchkomikers, Michael „Bully“ Herbig, lösten den Ostfriesen an der Spitze der umsatzstärksten deutschen Filme ab.

Das Kalkül der Produzenten ist nachvollziehbar. Mit einem Comedian, dessen Bühnenprogramme die Hallen füllen oder Millionen vor die Bildschirme locken, kaufen sich die Filmemacher dessen Publikum als potenzielle Kinogänger gleich mit ein. Finanziell mag diese Rechnung aufgehen, künstlerisch ist sie meist eine Bankrotterklärung. Denn was vielen deutschen Stern(ch)en am Komikerhimmel abgeht – ob sie nun Atze Schröder, Mario Barth, Olaf Schubert oder Carolin Kebekus heißen –, ist schlichtweg das Handwerkszeug. Ein guter Witzeerzähler ist noch lange kein Schauspieler.

Das ist auch bei Bülent Ceyan der Fall. So viel oder wenig Talent der Mannheimer für seine Bühnenparodien auch haben mag, schauspielerisches Vermögen, das einen gesamten Film trägt, hat er keines. Das ist bei Bully Herbig oder Otto Waalkes freilich nicht anders. Was deren Filme hingegen hatten, war entweder eine schlüssige Geschichte oder zumindest ein paar originelle Ideen. Vor allem aber hatten sie Pointen, die, auf welchem Niveau auch immer, funktionierten.

Verpiss Dich, Schneewittchen! hat nichts davon, nicht einmal ansatzweise. Cüneyt Kaya, der mit Umma – Unter Freunden bewiesen hat, dass er es eigentlich besser kann, hat lediglich ein paar lausige Wortspiele über Sammys türkische Herkunft und dessen Frisur parat. (Auch der Filmtitel ist einem Witz entlehnt, den ein paar Neonazis über Sammys Haarpracht machen.) Die Geschichte, die überdeutlich gegen Stereotype und Vorurteile kämpfen will, ist voll davon. Jede Figur, ob im türkischen Bad, in der Neonazi-Kneipe oder in der Musikindustrie, ist ein wandelndes Klischee. Lauter Abziehbilder ohne Kontur und Tiefe. Plump, flach, einfallslos.

Drehbuch und Inszenierung stehen dem in nichts nach. Dass es gleich vier Autoren für diese uninspirierte Geschichte bedurfte, lässt einen sprachlos zurück. Figuren wie Sammys Schildkröte, Bruder Momo, Schwägerin Maryam und Freundin Marie werden nur eingeführt, um postwendend ab- und erst am Ende wieder aufzutauchen. Ihre Auftritte hätte sich das Skript ebenso sparen können wie die diverser Comedians von Olaf Schubert bis Tom Gerhardt, deren Szenen nicht nur wie Fremdkörper in einer ohnehin schon mehr als ungelenk konstruierten Handlung wirken, sondern der Handlung weitere unnötige Umwege bescheren. Ein echter Erzählfluss, so etwas wie eine Dramaturgie oder gar ein Zusammenwachsen der Figuren kommt auf diese Weise nie auf. Vom Start weg zieht sich Verpiss Dich, Schneewittchen! wie ein zu lange gekauter Kaugummi. Den Geschmack daran, welchen auch immer diese Komödie zu Beginn haben mag, verlieren wir schnell.

Neben den unzähligen Fehlbesetzungen – hier stechen vor allem Sängerin Sabrina Setlur und der schon als Stand-up-Komiker grausige Chris Tall als Negativbeispiele heraus – liegt das nicht zuletzt an Cüneyt Kayas Stil. Visuell reicht er nie über eine Fernsehfilmoptik hinaus. Und wo es seiner Inszenierung an Dynamik mangelt, etwa während einer Verfolgungsjagd, bei der Kaya die falschen Einstellungsgrößen wählt und die Kamera zu wenig bewegt, versucht er die Statik durch Split-Screens und treibende Musik zu kaschieren.

Es ist diese Statik und Biederkeit – eine bräsige Handlung, die nicht recht vom Fleck kommt, gepaart mit Schauspielern, die es nicht besser können, die nicht besser wollen oder die wie Burak Yigit schlicht verschenkt sind –, die uns die kurzen 88 Minuten furchtbar lang werden lassen. Obwohl nicht viel passiert, haben wir am Ende Mühe, uns überhaupt an die Geschichte zu erinnern. Immerhin ist sie schnell wieder vergessen.

Verpiss dich, Schneewittchen! (2018)

Nur widerwillig arbeitet Sammy Tag für Tag im Hamam seiner Schwester, doch eigentlich will er viel lieber Rockstar werden. Als eines Tages ein Wettbewerb ausgeschrieben wird ist Sammy natürlich Feuer und Flamme und versucht, seine beiden Freunde Mahmut und Wolle dazu zu überreden, dass sie mit ihm gemeinsam auftreten.

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Meinungen

Kater · 29.10.2018

Sehr geil..Für ein Deutschen Film.. Ich bin beeindruckt.. Das ist meine Meinung... Erfahrt es selber ;-)

filmkritiker · 01.04.2018

tut mir leid liebe freunde die hier auf mega-krtker machen
der Film ist lustig
die Figuren sind jeder für sch liebevolle gestaltet.
die Witze von Belügt Ceylan SIND lustig
die vielen Gastauftritte anderer bekannter Gesichter sind super und machen noch mehr Laune
ich hab mir den Film aus Neugierde angeschaut und wurde die ganze Zeit über unterhalten und fand die Geschichte rund und spaßig.
In Komödien wird das Rad nicht neu erfunden. Hier wird mit Klischees gespielt und auch die Enden sind kein riesen Überraschungsmoment - hier handelt es sich eben um Kommödien und nicht um Krimis von Jussi Adler Olsen. Also immer mal Butter bei die Fische, wie der Ostfriese sagt und den Film anschauen und lachen.