Offset

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine west-östliche Liebesgeschichte

Der junge deutsche Ingenieur Stefan (Felix Klare, einer der beiden Nachfolger von Dietz-Werner Steck als Stuttgarter Tatort-Kommissar) lebt und arbeitet in Bukarest in einer Druckerei, wo er eine große Offset-Maschine betreut. Hier in der Druckerei, die vom cholerischen Iorga (Razvan Vasilescu) geleitet wird, hat Stefan die Liebe seines Lebens gefunden, die entzückende Brindusa (Alexandra Maria Lara), die als Sekretärin und Dolmetscherin für den Boss arbeitet. Das junge Liebespaar beschließt zu heiraten, alle Vorbereitungen sind bereits getroffen und die Familie von Felix befindet sich im Anmarsch. Doch einer spielt nicht mit – Iorga. Je näher der Hochzeitstermin rückt, desto unruhiger wird der Chef der Druckerei, denn obwohl er verheiratet ist, hatte Iorga eine leidenschaftliche Affäre mit seiner wesentlich jüngeren Sekretärin. Dass diese nun ausgerechnet einen Fremden aus dem Westen heiratet und in absehbarer Zeit aus Bukarest verschwindet, um in Deutschland zu leben, will dem Macho nicht in den Kopf, und so zieht er alle Register, um die ehemalige Geliebte nicht zu verlieren. In seiner sich ständig steigernden Wut schreckt Iorga nicht einmal davor zurück, die Trauungszeremonie mit gezückter Pistole zu sprengen und seine Rechte an Brindusa mit Waffengewalt einzufordern…
Didi Danquarts (Viehjud Levi) west-östliche Liebesgeschichte Offset ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Werk, das andeutet, welche Wege die Filmproduktion im zusammenwachsenden Europa nehmen wird – und das betrifft nicht nur die Finanzierung des in Bukarest gedrehten Films, sondern auch die Zusammenstellung der Crew und die Auswahl des Stoffes, der aus der Feder zweier rumänischer Drehbuchautoren in Zusammenarbeit mit dem Regisseur stammt.

Wahrhaft berückend ist vor allem das Zusammenspiel von Alexandra Maria Lara und Valentin Platareanu, der im Film die gleiche Rolle einnimmt wie im Leben – er ist der Vater der Schauspielerin. Hier spürt man eine gegenseitige Sympathie und Liebe, wie sie kaum je in dieser Art auf der Leinwand zu sehen war und bisweilen ist die Sympathie für die beiden so überlebensgroß, dass der Rest der Geschichte vor dieser Macht der Gefühle zurückweichen und in Ehrfurcht erstarren muss. Zumal manches in Didi Danquarts Tragikomödie Offset sich nicht so recht zusammenfügen mag: Da sind beispielsweise Katharina Thalbach und Manfred Zapatka, die hier eine beinahe satirisch überzeichnete Darstellung der ganz normalen Durchschnittsdeutschen abliefern, die herausgelöst aus dem Kontext der Story zwar durchaus funktioniert, von der Tonalität sich aber nicht so recht in den Fluss der Geschichte einfügen mag. Natürlich sind sie vor allem als Rekurs auf die gegenseitigen Ressentiments zu sehen, die auch in einem zusammenrückenden Europa nicht so einfach von der Bildfläche verschwinden, doch hier hätte etwas mehr Subtilität nicht geschadet. Da ist des Weiteren die Liebesgeschichte von Brindusa und Stefan, die vor dem Hintergrund des cholerischen Balkanmachos Iorga etwas farblos bleibt, so dass es Brindusas Konflikt ein wenig an Glaubwürdigkeit mangelt – wenn man von den moralischen Implikationen des Verhältnisses mit einem verheirateten Mann einmal absieht.

Mehr Substanz bekommt die Figurenkonstellation, wenn man sie vor allem als Sinnbilder sieht: Brindusa ist das junge und moderne Rumänien, das sich entscheiden muss zwischen den Verlockungen des Westens und den Traditionen der Heimat – eine Frau wie auch ein Land, das sich zwischen zwei Stühlen befindet. Ihre letztendliche Entscheidung sollte aber trotzdem nicht als eine Absage an die europäische Idee verstanden werden, sie ist vielmehr ein Insistieren darauf, die Wurzeln und damit die eigene Identität nicht auf dem Altar der europäischen Einigung zu opfern. Hoffen wir, dass Brindusa die richtige Entscheidung getroffen hat, zu wünschen wäre es ihr ebenso wie dem wundervollen und widersprüchlichen Land Rumänien, das selten so chaotisch und kaputt, so zärtlich, leidenschaftlich und zerrissen gezeigt wurde wie in diesem Film.

Offset

Der junge deutsche Ingenieur Stefan (Felix Klare, einer der beiden Nachfolger von Dietz-Werner Steck als Stuttgarter Tatort-Kommissar) lebt und arbeitet in Bukarest, wo er eine große Offset-Maschine betreut.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Jörg_Z · 23.12.2006

mir hat der film sehr gefallen und meiner begleitung auch. die handlung nimmt den zuschauer mit -obwohl man sich immer als aussenstehender betrachter fühlt. spannend.

Skeptiker · 18.12.2006

Der Plot ist völlig schwach und unglaubwürdig. So eine unmotivierte Handlung konnten eventuell noch die Schauspeler retten. Aber auch das ist nicht passiert.
Anstatt Klischees zu thematisieren, produziert der Film alte Klischees erneut.

Sylvia · 02.12.2006

Ich komme gerade aus dem Film und frage mich immernoch: Was will uns der Film sagen. Er hat so sehr in seiner Aussage geschwankt, dass ich mich zwangläufig langweilen musste. Es waren keinerlei Entwicklungen der Rollen während des Filmes beobachtbar. Hinzukommt, dass einzelne Rollen völlig überzeichnet worden sind. Schade.

stefan · 11.11.2006

der film hat mich sehr bewegt, indem er mir zeigte wie sehr unterschiedlich und doch so nah zwei welten sind.

nelly · 07.11.2006

gute geschichte, doch die rollen sind mit ausnahme des iorga leider völlig fehlbesetzt. große namen können nicht über miserables casting hinwegtäuschen. schwache umsetzung!

kirsten_1 · 06.11.2006

ich habe den film am donnerstag in berlin gesehen. ein film, der einen noch sehr lange beschäftigt. wunderbare darsteller und eine völlig untypische geschichte. sehr zu empfehlen. und bravo - er polarisiert.

filmgucker · 01.11.2006

also ich hab den film in dresden als pre-view gesehen und war begeistert. vor allem sind sowohl schauspieler als auch regisseur sehr sehr nette leute

gerd weber · 31.10.2006

habe den film zur deutschland premiere in essen gesehen, war anders als ich erwartet habe,keine leichte kost, aber gut, kann film auf jeden fall weiterempfehlen.

Gast · 27.10.2006

Spannend + realistisch. Ohne rosafarbene Brille hinterfragt der Film, ob wir denn wirklich alle schon zusammenpassen. Und weil der Film ja wohl von Rumänen und Deutschen gedreht wurde, kann man sogar die Klischées belächeln.