Zwei ungleiche Schwestern

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Zickenkrieg

Louise (Catherine Frot) arbeitet als Kosmetikerin irgendwo in der Provinz, und als sie eines Tages ihre Schwester Martine (Isabelle Huppert) in Paris besucht, fragt diese zuerst mal, wann sie wieder abreist. Doch Louise, unverheiratet und lebenslustig, hat große Pläne, sie will endlich aufhören mit ihrem kleinen Job und eine Karriere als Schriftstellerin beginnen. Zu diesem Zweck trifft sie in Paris einen echten Verleger. Kein Wunder also, dass Louise voller Vorfreude und reichlich überdreht in Paris ankommt.

Catherine allerdings missfällt so viel Enthusiasmus. Sie hat früh geheiratet und wirkt trotz ihrer funktionierenden Ehe mit Pierre (François Berléand), ihrem Sohn und einer noblen Wohnung in Paris frustriert und genervt. Bereits der Morgen der Ankunft ihrer Schwester war ein einziges Tohuwabohu: Ihr Mann hatte durch lautes Atmen die Frühstücksruhe zerstört, der Sohn beim Abschiedskuss keine Rücksicht auf ihren ständig schmerzenden Nacken genommen und hätte das Dienstmädchen sie nicht erinnert, dann hätte sie auch noch die Ankunft ihrer Schwester vergessen! Und die hat sich ausgerechnet für den heutigen Samstag angekündigt, wo jeder Pariser weiß, dass man dann partout keinen Parkplatz findet!

Schnell wird klar, dass die beiden Schwestern Welten trennen, was Louise auch deutlich zu spüren bekommt. Immer wieder ist sie der Prellbock für Martines Frustrationen, weil sie gar nicht den engen Vorstellungen und Konventionen entspricht, die das bürgerliche Leben der Pariserin mühsam aufrecht erhalten. Als die drei Tages des Besuches schließlich vorüber sind, haben sich für Louise zwar einige Türen geöffnet, andere aber haben sich geschlossen…

Zwei ungleiche Schwestern / Les soeurs fâchées ist ein bemerkenswerter Film, der vor allem von zwei auf höchstem Niveau agierenden Schauspielerinnen getragen wird. Wie vor allem Isabelle Huppert von einem Moment auf den anderen die Fassung verliert und ihrer Wut über angeblich oder tatsächlich erlittene Ungerechtigkeiten des Lebens freien Lauf lässt, das ist wirklich eine exzellente Leistung. Stück für Stück und ohne wirklich bloßzustellen werden hier bourgeoise Lebensmuster und Lebenslügen demaskiert, so dass zum Schluss einzig und allein Louise in ihrer Unbedarftheit und Naivität als „normaler Mensch“ übrig bleibt. Einzig die recht heftigen Wechsel zwischen entzückend komischen und dann wieder drastischen Momenten irritieren bisweilen, was aber dem Film seine Schärfe und Bissigkeit nicht nimmt. Ein gelungener Debütfilm von Alexandra Leclère, der auf weitere Taten hoffen lässt.
 

Zwei ungleiche Schwestern

Louise (Catherine Frot) arbeitet als Kosmetikerin irgendwo in der Provinz, und als sie eines Tages ihre Schwester Martine (Isabelle Huppert) in Paris besucht, fragt diese zuerst mal, wann sie wieder abreist.

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