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Eigentlich ist es jedem klar: Die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte müssen besser werden. Und doch tut sich nur wenig im Pflegebereich. Nicolas Philibert zeigt mit seinem neuen Film „Zu jeder Zeit“: Das sind die Anforderungen des Pflegeberufs und seiner Ausbildung.

Zu jeder Zeit (2019)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Mit Anstrengung und Ausdauer

Der Pflegeberuf ist hart und anspruchsvoll: lange Schichten und zu viel Arbeit, zu viele Patienten für zu wenig Personal. Der Job ist emotional anstrengend und unterbezahlt, die Menschen sind frustriert und überlastet. Der französische Regisseur Nicolas Philibert nimmt die Tätigkeit der Pflegenden in den Fokus und begleitet eine Klasse Auszubildender am Hopital de la Croix Saint-Simon in Montreuil bei Ihrem Alltag.

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Für Zu jeder Zeit hat der Filmemacher den Pflegerinnen und Pfleger dabei zugesehen, wie sie lernen, ihre Hände an jeder Stelle zu desinfizieren, wie sie ihre erste Spritze aufziehen, die Herzdruckmassage einüben und das erste Mal an einem Patienten Blutdruck messen. Dabei wird vor allem deutlich, wie vielseitig der Pflegeberuf ist und wie viele Dinge das Pflegepersonal wissen muss, um die Tätigkeit auszuüben. Denn nicht nur die Praxisaufgaben sind Teil der Ausbildung, sondern auch viele Unterrichtsstunden in der Pflegeschule, in der sie anatomische, technische und rechtliche Grundlagen erlernen.

In einem zweiten Schritt gehen die Auszubildenden in ihr Praktikum und wenden das Gelernte am Patienten an. Zur per se anspruchsvollen Tätigkeit kommen nun die Persönlichkeiten, Bedürfnisse und Empfindsamkeiten der verschiedenen Patientinnen und Patienten hinzu, die Geduld und die Angst, mit der sie den Praktikanten begegnen, wenn sie das erste Mal einen Zugang legen oder Blut abnehmen.

Man schaut vor allem zu: Die Kamera des Films registriert, dokumentiert, aber kommentiert nicht. In ruhigen Bildern begleitet sie immer mehrere Auszubildende bei einem Schritt und beobachtet nicht beispielhaft, wie eine Person sich die Hände sorgfältig wäscht und desinfiziert, sondern wie unterschiedlich es die einzelnen Personen machen. Man könnte meinen, dies sei etwas langatmig, gerade aber durch die Gleichförmigkeit der Bilder erhält man als Zuschauer ein Gefühl für die Ausbildung, die einzelnen Tätigkeiten und die Ausdauer, die auch die Lernenden benötigen, um ihre Ausbildung zu absolvieren.

Besonders berührend sind die Supervisionsgespräche nach der Praxiszeit an verschiedenen Einrichtungen: Die einen sind zufrieden, die anderen frustriert oder den Tränen nahe. Jeder hat etwas anders erlebt und geht anders an seine Aufgaben heran. Hier wird deutlich, dass ihnen nicht nur die gewöhnliche Auseinandersetzung mit den Vorgesetzten und der Zustand des Lernenden zu schaffen macht, sondern eben gerade auch die emotionale Komponente ihres Jobs. Diese Szenen – so eintönig sie erscheinen, weil hier die Kamera nur zwischen zwei Gesprächspartnern hin und her wechselt – fesseln, man klebt den Auszubildenden richtiggehend an den Lippen.

Dabei zeigt Zu jeder Zeit auch, dass es die Menschen sind, die den Beruf ausmachen, das Menschliche. Die Lernenden sind motiviert, mit Eifer dabei, sie wollen lernen anderen Menschen bestmöglich zu helfen und auf die Bedürfnisse ihrer Patienten einzugehen. Zukunftsszenarien gehen davon aus, dass in absehbarer Zeit vor allem Roboter und Maschinen die Pflege übernehmen; nach dem Film aber kann man eigentlich nur hoffen, dass diese Zeit noch lange auf sich warten lässt.

Zu jeder Zeit (2019)

Jedes Jahr begeben sich tausende von Auszubildenden auf den Weg, Gesundheits- und Krankenpflegende zu werden. An speziellen Krankenpflegeschulen verbringen sie ihre Zeit mit Vorlesungen, praktischen Übungen und Praktika. Ein intensiver und schwieriger Prozess, bei dem sie sich ein hohes Maß an Wissen aneignen, zahlreiche technische Prozeduren erlernen und sich auf eine hohe Verantwortung einstellen müssen.

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