Zimmer mit Aussicht

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Sonntag, 15. Oktober 2006, Tele 5, 20:15 Uhr

Italien im Jahr 1907: Die junge Engländerin Lucy Honeychurch (Helena Bonham-Carter) reist gemeinsam mit ihrer ältlichen, prüden Cousine Charlotte Bartlett als Anstandsdame (Maggie Smith) zu einem Bildungsurlaub in die Toskana. Zu ihrer Enttäuschung gelingt es den beiden englischen Ladys nicht, in Florenz in der Pensione Bertolini zwei Zimmer mit Ausblick auf die grandiose Stadt der Renaissance zu bekommen. Zum Glück treffen die beiden auf den etwas gewöhnlichen und grobschlächtigen Mr. Emerson (Denholm Elliott) und dessen Sohn George (Julian Sands), der sich spontan dazu bereit erklärt, die Zimmer mit den Damen zu tauschen – ein Angebot, dass die gestrenge Charlotte Bartlett aber erst nach einigem Zögern annimmt. Schließlich verstößt die freundlich gemeinte Offerte gegen die Etikette.

Das Misstrauen der Anstandsdame ist durchaus berechtigt, denn während eines gemeinsamen Picknicks mit anderen englischen Gästen der kleinen Pension kommt es zwischen George Emerson und Lucy Honeychurch zu einem heimlich ausgetauschten Kuss. Eigentlich unschuldig gemeint, bricht die zufällig anwesende Charlotte Bartlett die Reise in aller Eile ab und verfrachtet die in ihren Augen ungehörige Lucy zurück auf das elterliche Landgut. Dort droht sie den Avancen des aufgeblasenen Snobs Cecil Vyse (Daniel Day-Lewis) zu erliegen, bis eines Tages die Emersons in der Nachbarschaft auftauchen. Nun muss sich Lucy entscheiden, ob sie wie bisher nur stets das tun will, was die Konventionen und Erwartungen von ihr verlangen oder ob sie nicht viel lieber ihren Gefühlen folgen mag…

Im Gewand einer luftig-leichten Kostümkomödie verhandelt der Regisseur James Ivory in seiner Literaturadaption eines Romans von E.M. Forster die scheinbar unüberbrückbaren Gegensätze zwischen Spontanität und Lebenslust auf der einen und Unterwerfung unter gesellschaftliche Normen und standesgeprägte Erwartungen auf der anderen Seite – anschaulich und mit erlesener Optik demonstriert durch die beiden geographischen Gegenpole Italien und England.

Der wunderbar ausgestattete und mit feinsten Puccini-Arien – gesungen von der neuseeländischen Star-Sopranistin Kiri te Kanawa – unterlegte Film erhielt insgesamt drei Oscars für das beste adaptierte Drehbuch, die besten Kostüme und die beste Ausstattung. Bis heute gilt James Ivorys Zimmer mit Aussicht / A Room with a View als Meilenstein der Literaturverfilmung, der den Boom der späteren Jahre mit begründete. Ein ebenso so feinsinniges wie angenehm unterhaltendes Meisterwerk für Romantiker, Italien-Fans und Literaturbegeisterte.
 

Zimmer mit Aussicht

Italien im Jahr 1907: Die junge Engländerin Lucy Honeychurch (Helena Bonham-Carter) reist gemeinsam mit ihrer ältlichen, prüden Cousine Charlotte Bartlett als Anstandsdame (Maggie Smith) zu einem Bildungsurlaub in die Toskana.

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