Zeige deine Wunde - Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys

Eine Filmkritik von Falk Straub

Ein persönlicher Blick auf einen Künstler

Für viele ist er der Künstler des Filzes und des Fetts: Joseph Beuys. In seinem Filmessay versucht Rüdiger Sünner dem Zuschauer wieder ins Gedächtnis zu rufen, wofür Beuys abseits dieser Kategorisierung in Erinnerung bleiben sollte.
An den Anfang seines Films hat Rüdiger Sünner die Installation Das Rudel (1969) gestellt. Das hat persönliche Gründe. Mit 16 Jahren traf Sünner das erste Mal auf Joseph Beuys‘ Werk in Form eben jenes Arrangements aus einem VW-Bus und mehreren Schlitten. Seinerzeit war Das Rudel in einer Kölner Kunstausstellung zu sehen. Sünners Faszination für Beuys ließ ihn seither nicht mehr los. Und so filmt der Regisseur die Installation aus verschiedenen Blickwinkeln, rückt mit seiner Kamera aus der sicheren Distanz immer näher heran. Aus dem Off legt Sünner den Zuschauern derweil die Geschichte seiner Beuys-Initiation dar. Für den Filmemacher ist Das Rudel eine „Urszene, in der alle Grundelemente der beuysschen Kunst vereint sind: Einsamkeit, Tod, Verwundung, aber gleichzeitig auch Erfahrung von Wärme, Rettung und Heilung“.

Auch was im Anschluss folgt, bleibt sehr persönlich. Zwar lässt Zeige deine Wunde zahlreiche Weggefährten des Künstlers – von ehemaligen Mitarbeitern und Meisterschülern bis hin zu Kunsthistorikern und -philosophen – zu Wort kommen. Was den Film jedoch dominiert, ist Sünners Nachsinnen über Beuys und seine Fragen, die er an dessen Kunstwerke richtet. Auf bewegte Archivaufnahmen des Künstlers verzichtet der Film größtenteils. Beuys Gedanken werden stattdessen aus dem Off vorgetragen.

Das macht Zeige deine Wunde, dessen Titel sich auf eine Installation aus den Jahren 1974/75 bezieht, mehr zu einem Filmessay denn zu einem Dokumentarfilm, mehr zum persönlichen Abarbeiten an Beuys‘ Kunst- und Lebenseinstellung denn zu einem schlichten Nacherzählen biografischer Fakten. Das sieht auch Sünner selbst so. Und daraus macht er zu keinem Zeitpunkt einen Hehl.

Dessen sollte sich jeder bewusst sein, der sich auf diesen Dokumentarfilm einlässt. Denn Beuys‘ Beschäftigung mit der Natur, mit Mythologie, Romantik, Anthroposophie, Alchemie und Spiritualität tritt der Film sehr neutral, selten kritisch entgegen. In seinem Versuch, die Entwicklungen im Kapitalismus und auf einem vom Kapitalismus bestimmten Kunstmarkt zu kritisieren und eine Rückbesinnung auf Beuys‘ Ideale zu fordern, wird Sünners Film aber auch nie missionarisch.

Zeige deine Wunde - Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys

Für viele ist er der Künstler des Filzes und des Fetts: Joseph Beuys. In seinem Filmessay versucht Rüdiger Sünner dem Zuschauer wieder ins Gedächtnis zu rufen, wofür Beuys abseits dieser Kategorisierung in Erinnerung bleiben sollte.
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