X 312 - Flug zur Hölle

Eine Filmkritik von Martin Beck

Wahnsinn in Südamerika

Und wieder einmal beschert Pidax einem obskuren deutschen Exploitation-Kleinod eine DVD-Premiere, wenngleich der Name des Regisseurs von X 312 – Flug zur Hölle, Jess Franco, die Betonung deutlich auf „Klein“ verschiebt. So wie in: zugedrogte Darsteller, Gaga-Dialoge a-go-go, ein Flugzeugabsturz ohne Explosion (aber mit viel Kameragewackel) und spanische Wälder als getarnter Amazonas. Nach Franco-Maßstäben ist der Film tatsächlich relativ normal, nach allen anderen Maßstäben jedoch brühwarm hingeknallter Low-Budget-Trash.
Der ganz normale Wahnsinn in „Südamerika“ eben, mit einem über dem Dschungel abgestürzten Flugzeug, dessen überlebenden Passagieren ein „dramatischer Marsch durch die grüne Hölle“ bevorsteht. Als sich herausstellt, dass einer der Passagiere Diamanten im Gepäck hat, kommt auch noch eine Verbrecherbande ins Spiel, die natürlich etliche Gelegenheiten für Gewalt, Sex und dreckige Lacher eröffnet. Aus Gründen hält sich Jess Franco dabei allerdings eher zurück, doch keine Sorge – für rechten Schund, inklusive drallem Lesben-Sex, tödlichen Schändungen und einem süßen Teddy reicht’s immer noch.

X 312 – Flug zur Hölle vermengt Action, Abenteuer, Sleaze und Geschrei, und fordert wie so viele Franco-Filme gutgelaunte Audiokommentare praktisch heraus. Von besonderem Interesse hierbei sind die schillernden Darsteller, die fast alle einen Schritt vor einer geschlossenen Anstalt stehen und dann auch noch hübsche Namen wie Hans Hass jr. tragen. Eben jener Herr hatte anscheinend während der Dreharbeiten ein Drogenproblem, was auch deutlich zu sehen ist, und Gila von Weitershausen, die wie völlig benebelt durchs Geschehen wankt, steht ihm leider in nichts nach.

Das mit dem Teddy und der tödlichen Schändung kommt beides ihr zugute, Hans Hass jr. darf dafür
allzeit ein dudeliges Transistorradio mit sich herumtragen. Für den Sex ist vor allem Esperanza Roy zuständig, eine fast schon bedrohlich wirkende Vollblut-Domina, die mit ihren waghalsigen Kurven wie eine Kunstinstallation herumstolziert. Wenn Howard Vernon auftaucht, angemalt mit brauner Schuhcreme, wird hämisch gelacht und Siegfried Schürenberg, und Sir John, erscheint wie eine talentierte Insel inmitten all der anderen fertigen Knallchargen.

Nein, irgendwie gut ist X 312 – Flug zur Hölle wahrlich nicht, aber auf jeden Fall unterhaltsam – für Trash-affine Schundhunde, die Jess Franco mindestens für seine höchst eigenständigen filmischen Wertvorstellungen verehren. Was bei ihm immer geht, sind schräge Typen, die schräge Dinge tun, und alles weitere fällt dann unter die hohe Kunst, auch ohne Geld auf 90 Minuten Film zu kommen – eine Tugend, die ohne Zweifel dafür ausschlaggebend war, dass Knauserpapst Artur Brauner (der hier übrigens auch das Drehbuch schrieb) ihn immer wieder mit Regie-Aufträgen bedachte.

Die einzigen DVDs, die es bisher von X 312 – Flug zur Hölle gibt, stammen aus England und Amerika, und sind sowohl geschnitten als auch von lausiger Qualität. Auch die Pidax-Veröffentlichung wird eher nicht mit einer 4k-Politur in Verbindung gebracht, doch immerhin ist der Film vollständig und bietet eine glorreiche 70er-Jahre-Synchro, die den verzapften Unsinn so richtig schön deftig aus den Boxen quillen lässt. Bravo für diese DVD, solch ein Pfadfindereifer, der selbst vor modrigen Exploitationkellern nicht Halt macht, sollte zumindest bei abtrünnigen Filmgeschmäckern auf nachhaltigen Beifall stoßen.

X 312 - Flug zur Hölle

Und wieder einmal beschert Pidax einem obskuren deutschen Exploitation-Kleinod eine DVD-Premiere, wenngleich der Name des Regisseurs von „X 312 – Flug zur Hölle“, Jess Franco, die Betonung deutlich auf „Klein“ verschiebt. So wie in: zugedrogte Darsteller, Gaga-Dialoge a-go-go, ein Flugzeugabsturz ohne Explosion (aber mit viel Kameragewackel) und spanische Wälder als getarnter Amazonas.
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