Wolfsbrüder

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Allein unter Wölfen

Der Film von Regisseur Gerardo Olivares erzählt die wahre Geschichte von Marcos Rodríguez Pantoja, der als Kind mehrere Jahre in der Wildnis überlebte und während dieser Zeit in engem Kontakt zu einem Wolfsrudel stand. Auf Grund großer Armut wird der kleine Marco von seinen Eltern an den Großgrundbesitzer verkauft, der ihn zum Ziegenhüten in die Wildnis schickt. Doch nachdem sich der kleine Junge erst einmal in der Natur eingelebt hat, gibt es für ihn keinen Grund mehr in die weitaus grausamere Welt der Menschen zurückzukehren.
Bei den Drehbarbeiten hat Olivares eng mit dem Naturfilmer Joaquín Gutierrez Acha zusammengearbeitet, der über einen Zeitraum von 14 Monaten die Wildnis und die dort lebenden Tiere mit der Kamera einfing. So handelt es sich bei Wolfsbrüder um eine Ko-Produktion der besonderen Art, in der ein Spielfilm und ein Dokumentarfilm aufeinandertreffen. Die Zweiteilung ist auf der Leinwand allerdings zu offensichtlich. Die Handlungspassagen können nicht an die Qualität der Naturaufnahmen heranreichen, die einem geradezu den Atem rauben. Die an sich wunderschöne Filmmusik von Klaus Badelt versucht die Tier- und Pflanzenwelt zu romantisieren, was in Anbetracht der beeindruckenden Bilder, die Gutierrez Acha liefert, gar nicht notwendig gewesen wäre. So wirkt das Gesamtprodukt überladen.

Letzteres trifft auch auf die Handlung zu. Die Geschichte des kleinen Jungen, der gegen seinen Willen von seinen Eltern getrennt und in die Wildnis geschickt wird, ist an sich schon ergreifend genug. Doch durch eine Überdosis Pathos erschafft Olivares eine Distanz zwischen Zuschauer und Filmfiguren, die dazu führt, dass der emotionale Funke nicht überspringen kann. Das ist besonders schade in Anbetracht der bewundernswerten Schauspielleistung von Nachwuchstalent Manuel Camacho, der den jungen Marcos spielt. Mit sieben Jahren verfügt er bereits über eine erstaunliche Leinwandpräsenz. Sein natürlicher Umgang mit den Tieren und der Natur wirkt überzeugend, doch die deutsche Synchronisation beraubt seine Darstellung leider ihrer Authentizität. Juan José Ballesta, der den Part des erwachsenen Marcos übernimmt, kann an die Leistung seines jungen Kollegen leider nicht heranreichen. Dies ist aber weniger seinem Talent als der Inszenierung seiner Figur geschuldet. Wenn Ballesta fellbehangen und heulend durch die Wildnis springt, wirkt das eher unfreiwillig komisch als ergreifend. Glücklicherweise machen diese Aufnahmen nur einen kleinen Teil der Handlung aus.

Trotz dramaturgischer Schwächen vermag Wolfsbrüder durch seine Naturaufnahmen zu fesseln. Positiv zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Arbeit mit den Wölfen. Während Olivares zu Beginn geplant hatte, die Tiere nur durch Schuss-Gegenschuss-Aufnahmen in die Handlung einzubinden, ist es ihm und seinem Team letztendlich gelungen, menschliche und tierische Darsteller in Interaktion zu zeigen. Die ungewöhnliche Nähe von Mensch und Wolf übt auf den Zuschauer eine besondere Faszination aus. Aber auch das kann leider nicht darüber hinwegtrösten, dass es Wolfsbrüder an einem funktionierenden Spannungsbogen mangelt. Das Endprodukt wirkt weniger wie ein Spielfilm mit dokumentarischen Elementen als vielmehr wie ein Dokumentarfilm, in den aus dramaturgischen Gründen eine leider stellenweise etwas seichte Spielfilmhandlung integriert wurde.

Wolfsbrüder

Der Film von Regisseur Gerardo Olivares erzählt die wahre Geschichte von Marcos Rodríguez Pantoja, der als Kind mehrere Jahre in der Wildnis überlebte und während dieser Zeit in engem Kontakt zu einem Wolfsrudel stand. Auf Grund großer Armut wird der kleine Marco von seinen Eltern an den Großgrundbesitzer verkauft, der ihn zum Ziegenhüten in die Wildnis schickt. Doch nachdem sich der kleine Junge erst einmal in der Natur eingelebt hat, gibt es für ihn keinen Grund mehr in die weitaus grausamere Welt der Menschen zurückzukehren.
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Meinungen

Schier, Hella-Maria · 05.02.2013

Sehr schöner Film, den ich auch durchaus ergreifend fand. Dass allerdings ein Wolf tatsächlich dem Jungen Fleisch brachte und ihn so versorgte, scheint etwas märchenhaft, hätte mich interessiert, ob es solche Verhaltensweisen gegenüber Menschen tatsächlich gibt bei Wölfen. Auch, ob in dieser Gegend in Spanien tatsächlich so viele wilde Tiere, insbes. Wölfe auch heute noch oder wieder leben. Hintergrundinformation zu dem Film, auch was die sozialpolitischen Gegebenheiten angeht, wären im Anschluss interessant.